• Paul Peter Dübe

    Paul Peter Dübe

    Geburtsdatum, Geburtsort: 25. August 1905, Münster (Westfalen)

    Todesdatum, Sterbeort: 15. November 1943, Hadamar

    Beruf: Novize der Salesianer Don Boscos, davor Zimmermann und Ausbildung an der staatl. Baugewerkschule Münster (Tiefbau)


    Geboren wurde Paul Dübe am 25. August 1905 als Kind des Lokomotivführers Wilhelm Anton Gerhard Dübe (18. Februar 1870–1930) und der Hausfrau Maria Anna Theresia Dübe, geb. Nümmerloh (28. April 1874–15. Februar 1954) im elterlichen Haus in der Wolbeckerstraße 103 in Münster. Insgesamt hatte das Ehepaar Dübe sechs Kinder. Nur drei davon erreichten jedoch das Erwachsenenalter. Bis zu seinem 16. Lebensjahr besuchte er die Oberrealschule Münster. Seine ersten Schritte in der Berufswelt machte Paul Dübe in einem Architekturbüro und bei einem Zimmermann. Anschließend besuchte er erfolgreich die staatl. Baugewerkschule (für Tiefbau). Nach diesem Abschluss müssen sich die Prioritäten von Paul geändert haben, denn im September 1925 bewarb er sich auf einen Platz im Kloster der Salesianer Don Boscos im oberbayrischen Ensdorf. In seinem Anschreiben gab er an, dass es sein Wunsch sei, seine ganze Kraft in den Dienst Gottes „für die leidende Menschheit“ zu stellen. Vielleicht war der Wunsch, Priester zu werden, ein Versuch von Paul, seinen Platz/seine Bestimmung in der Welt zu finden.

    Über seine Zeit im Kloster lässt sich wenig sagen. Einzig zwei Eintragungen der Novizenmeister sind belegt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. 1925 schrieb der Novizenmeister Pater Stephan Wolferstetter: „er hat sich gezeigt von tiefer Frömmigkeit [zu sein], er neigt fast ein wenig zum kontemplativen Leben – ernsthafter Charakter, eifrig und intelligent.“ 1927 erhielt er nach erfolgreichen Studien die sogenannten „zeitlichen Weihen“ und war damit offiziell Novize und Bruder der Salesianer. Novizenmeister Pater Johannes Lechermann schrieb 1928 hingegen: „Der Kandidat ist zu einfach im Hinblick auf die Assistenz. Sein Gesundheitszustand erlaubt [es] ihm schwierigerweise, mit dem Studium fortzufahren, auf der anderen Seite hat er viele gute Qualitäten, die es ihm fähig machen, als Laienbruder [Teil der Gemeinschaft zu bleiben]. Er machte diese Bitte/Anfrage in diesem Sinn.“

    Aus den Unterlagen lässt sich nicht rekonstruieren, wie es zu dieser Wesensveränderung gekommen ist, auch genaue Symptome werden nicht beschrieben. Über die Gründe für diese Wesensveränderung kann folglich auch nur spekuliert werden. Auf dem Aktendeckel seiner Patientenakte wird als letzter Wohnort der Helenenberg in Trier genannt. Dort befindet sich noch heute eine Niederlassung der Salesianer Don Boscos. Falls Paul Dübe jemals auf dem Helenenberg war, so kann dies nur sehr kurze Zeit im Jahre 1929 und unmittelbar vor seiner Rückreise nach Münster gewesen sein. Denn die Verschlechterung seines Zustandes führte dazu, dass die Salesianer ihn im März 1929 zurück zu seiner Familie nach Münster schickten (lediglich die Verweigerung der Nahrung wird genannt). Am 22. November 1929 erstellte Dr. Többen das erste ärztliche Gutachten über Paul Dübe, nachdem dieser am Vortag in die Heilanstalt von Münster eingewiesen worden war. Sein Verhalten wird als still und sehr passiv beschrieben. Dazu notierte Dr. Többen weiter: „Spricht nicht, erst nach langem Zureden. Lacht unmotiviert, macht Grimassen. […]“

    Auf Grundlage dieser kurzen Beschreibung kam der Gutachter zu der Diagnose „Schizophrenie“. In der Zeit von Mai bis November 1930 wurde Paul entlassen. In dieser Zeit starb auch sein Vater Wilhelm. Nach der erneuten Einweisung sollte Paul bis zum 12. September 1933 ununterbrochen in der Anstalt verbleiben. Neben der Diagnose „Schizophrenie“ wurden nun die Attribute „negativ“, „Stereotypien“ und „kataton“ in der Akte ergänzt. Am 12. Dezember 1933 wurde Paul erneut entlassen – dieses Mal mit dem Vermerk „ungeheilt“ und „Gegen ärztlichen Rat von der Mutter abgeholt.“ Was Maria Dübe zu diesem Schritt bewogen haben mag, ist unbekannt.

    Im März 1936 erfolgte die erneute Einweisung in die Heilanstalt Münster-Marienthal. Pauls Bruder berichtete den Ärzten, dass dieser „gegen die Mutter gewalttätig“ gewesen sei. Dies wird wohl der Grund für die erneute Einweisung in die Klinik gewesen sein. Mit der erneuten Aufnahme wurde jedoch auch die Politik der Nazis deutlich. Am 6. Mai 1936 erstattete der Direktor der Heilanstalt die Anzeige auf Unfruchtbarmachung Paul Dübes „zur gegebenen Zeit“ nach „Art. 3 Absch. 4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 5. Dezember 1933.“ Der Einspruch der Mutter gegen diesen Antrag wurde zurückgewiesen. Am 8. April 1942 erfolgte die Unfruchtbarmachung im evangelischen Krankenhaus in Münster. Die Rechnung über Operations- und Behandlungskosten von 50,70 RM wurde der Stadt auferlegt. Am 29. Juni 1943 wurde Paul in die Landesheilanstalt Eichberg verlegt und von dort aus am 12. Oktober 1943 nach Hadamar.

    Nach den offiziellen Dokumenten endete das Leben Paul Peter Dübes einen knappen Monat später, am 15. November 1943, aufgrund einer Lungenentzündung, mit 38 Jahren. Seiner Mutter schickte man ein Telegramm, um sie darüber zu informieren. Die Umstände deuten stark darauf hin, dass die Todesursache nicht stimmte und dass Paul damit Opfer der „dezentralen Euthanasie“ wurde. Was bleibt von diesem Leben? Paul Dübe war mehr als ein Opfer der Nazis. Er war ein junger Mann auf der Suche nach seinem Platz in der Welt mit Träumen und Ideen, die er nie verwirklichen konnte, und er hatte eine Familie, die ihn nie aufgegeben hat.

    Quellen: Stadtarchiv Münster (StvM), Auszug aus dem Ehestandsregister, Nr. 350, Jhg. 1896; Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), K12, Nr. 3840; Archiv der Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos (AI-SDB-GER), Personalakte Paul Dübe.

    Autor:in: Mathias Zell

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    • Nikolaus Klein

      Nikolaus Klein

      Geburtsdatum, Geburtsort: 26. Februar 1907 in Riol

      Todesdatum, Sterbeort: 7. Mai 1941 in Hadamar

      Beruf: Arbeiter

       Am 26. Februar 1907 wurde Nikolaus Klein in Riol an der Mosel als uneheliches Kind seiner Mutter Helena Klein geboren. Als Arbeiter verdiente er sich seinen Lebensunterhalt und lebte vermutlich bei seiner Mutter. Der 23. Juni 1933 wurde zu dem Tag, der sein weiteres Schicksal bestimmen sollte, denn er wurde in die Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier eingewiesen. Der Grund für seine Einweisung ist leider nicht bekannt. Hier verbrachte der damals 26jährige Nikolaus die nächsten sechs Jahre seines Lebens, bis er am 15. August 1939 in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt nach Andernach überstellt worden ist. Diese Überstellung erfolgte im Zuge der Räumung der Trierer Anstalt. Mit ihm zusammen wurden mindestens sechs weitere Männer (Peter Adelsbach, Anton Bastian, Michel Dühr, Johann Herz, Theodor Kinzig, Hans Razen und Klemens Scherf) von Trier aus nach Andernach transportiert. Von dieser Anstalt aus, die im Rahmen der T4-Aktion als Zwischenanstalt fungierte, wurde Nikolaus Klein gemeinsam mit 87 weiteren Patient:innen am 7. Mai 1941 nach Hadamar deportiert. Hier wurde er im Rahmen der nationalsozialistischen Patientenmorde im Keller der Anstalt unter Einsatz von Kohlenmonoxid-Gas getötet. Er wurde 44 Jahre alt. 

      Quellen: Stadtarchiv Trier (StATr), Tb 15/Meldekartei; https://gw.geneanet.org/esteffen?n=klein&oc=17&p=nikolaus [Letzter Zugriff: 20.02.2025].

      Abbildung: StATr, Tb15/Meldekartei.

      Autor:in:  Lena Haase 

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      • Silvain Bonem

        Silvain Bonem

        Geburtsdatum, Geburtsort: 8. November 1883, Trier (Löwenbrücken)

        Todesdatum, Sterbeort: 15. Februar 1941, Hadamar

        Beruf: Kaufmann (Lederhändler)

         Patient:innen von Heil- und Pflegeanstalten, die nach NS-Gesetzen als Jüdinnen und Juden galten, waren einer doppelten Verfolgung ausgesetzt. Als psychisch kranke bzw. geistig behinderte und als jüdische Menschen wurden sie aus eugenischen und antisemitischen Gründen verfolgt. Der Trierer Silvain Bonem war einer von ihnen. 

        Silvain Bonem (Teilweise in den Akten auch als Silvin und Silvani geführt) wurde am 8. November 1883 in Trier Löwenbrücken, heute Trier-Süd, geboren. Seine Eltern waren Isaak und Rosa Bonem (geb. Lion). Er hatte vier Geschwister. Viele Mitglieder der Familie Bonem wurden verfolgt und in unterschiedlichen Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet. Der enteignete Besitz der Familie, ein Haus in der Saarstraße 93, war nach dem Krieg Gegenstand mehrerer Wiedergutmachungsverfahren. 

        Silvain Bonem lebte bei seinen Eltern in der Saarstraße in Trier. Im Jahr 1921 heiratete er Mina Rosenthal in ihrem Geburtsort Hohebach in Württemberg. Mit ihr hatte er zwei Kinder: Ihr Sohn Rudolf wurde am 11. Februar 1922 in Trier geboren, die Identität des anderen Kindes ist nicht geklärt. 1929 zog die Familie nach Hohebach, wo Silvain Bonem die Lederhandlung seines Schwiegervaters übernahm. Drei Jahre später war er wieder in Trier in seinem Elternhaus gemeldet. 

        Dort lebte er, bis er im November 1935 erstmalig und dann erneut im September 1938 in die Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier eingewiesen wurde. Hier wurde ihm eine „progressive Paralyse“, also eine neuropsychiatrische Erkrankung, die nach der NS-Ideologie als erblich bedingt und unheilbar galt, diagnostiziert. Zwischenzeitlich wurde er dort wieder entlassen, allerdings im Januar 1939 erneut aufgenommen. Er verblieb dort bis zum 11. August 1939. 

        Abbildung 1 Auszug aus der Korrespondenz bezüglich der Übernahme der Pflegekosten für Silvain Bonem (StATr, Tb14/711, Bl. 61.) 

        Die Dauer der Anstaltsaufenthalte von Silvain Bonem lässt sich teils über die Korrespondenz zur Kostenübernahme nachvollziehen. Diese zeigt auch, wie Jüdinnen und Juden aus der öffentlichen Wohlfahrt gedrängt wurden. Eine Verschärfung trat mit der „Verordnung über die öffentliche Fürsorge für Juden“ vom 19. November 1938 in Kraft. Hier wurde bestimmt, dass für hilfsbedürftige Jüdinnen und Juden die freie jüdische Wohlfahrtspflege aufzukommen habe. Da allerdings die privaten jüdischen Wohlfahrtsverbände finanziell schlecht aufgestellt waren, konnten sie die stark gestiegenen Beiträge kaum übernehmen. Für Silvain Bonem musste die Synagogengemeinde Trier beispielsweise im Januar 1939 5,- RM aufbringen, bis zum Oktober desselben Jahres verzehnfachte sich der Anteil auf 50,- RM. Die Versorgungsleistungen sanken dadurch drastisch. 

        Am 12. August 1939 wurde Silvain Bonem in die Heil- und Pflegeanstalt Süchteln Johannisthal verlegt. Über die Heil- und Pflegeanstalt Andernach kam er am 12. Februar 1941 für zwei Tage in die Heil- und Pflegeanstalt Düsseldorf-Grafenberg. Diese war eine Sammelanstalt ausschließlich für jüdische Patient:innen. Zwischen dem 4. und dem 15. Februar 1941 wurden 327 Menschen als Teil einer regional gestaffelten Transportwelle aus Grafenberg und anderen Sammelanstalten in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt. Silvain Bonem wurde noch am Tag seiner Verlegung am 15. Februar 1941 im Rahmen der „T4-Aktion“ in Hadamar getötet. 

        Silvain Bonems Lebensweg zeigt, wie Menschen, die sowohl als jüdisch als auch als psychisch krank oder behindert galten, im NS-Staat einer doppelten Verfolgung ausgesetzt waren – bis hin zu ihrer systematischen Ermordung. 

        Quellen: Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (AVLR) 13070; AVLR, Kartei des Erbbiologischen Instituts Bonn; Reichsgesetzblatt (RGBI.) 1938 I, S. 1640; Stadtarchiv Trier (StATr), Tb14/711; StATr, Tb15/Meldekartei; StATr, Tb31/505; https://www.alemannia-judaica.de/hohebach_synagoge.htm (letzter Zugriff: 28.12.2024); Schneider, Christoph; Stuhl, Claudia: Gedenkbuch zur Erinnerung an die 1941-1945 in der Hadamar Ermordeten, Hadamar ²2019. 

        Literatur: Hinz-Wessel: Annette: Antisemitismus und Krankenmord. Zum Umgang mit jüdischen Anstaltspatienten im Nationalsozialismus, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 61 (2013), Heft 1, S. 65-92; Klein, Matthias: NS – „Rassenhygiene“ im Raum Trier. Zwangssterilisationen und Patientenmorde im ehemaligen Regierungsbezirk Trier 1933-1945, Köln u.a. 2020; Lilienthal, Georg: Jüdische Patienten als Opfer der NS- „Euthanasie“ Verbrechen, in: Medaon 5 (2009), S. 1-16.

        Abbildungsverzeichnis: Auszug aus der Korrespondenz bezüglich der Übernahme der Pflegekosten für Silvain Bonem (StATr, Tb14/711, Bl. 61.). 

        Autor:in: Sarah Baltes

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        • Johann Alten

          Geburtsdatum, Geburtsort: 21. Juni 1899, Schillingen

          Todesdatum, Sterbeort: 23. April 1941

          Beruf: Stellmacher

          Johann Alten war wie sein Vater Stellmacher. Diesen Beruf übte er vier Jahre lang aus und arbeitete dann zu Hause. Zuvor war er Soldat. Er war unverheiratet und lebte mit seinen Eltern, Johann und Katharina Alten, in Schillingen, wo er am 21. Juni 1899 geboren wurde. 

          Am 4. August 1936 wurde er in der Heil- und Pflegeanstalt in Andernach untergebracht. Hier wurde ihm auf Grundlage von Beobachtungen des Vaters sowie früheren Akteneinträgen eines Arztes in Trier die Diagnose „Schizophrenie“ gestellt. Während Johann Alten in der Schulzeit eine normale geistige Entwicklung zeigte und gutmütig war, entwickelte sich die Erkrankung etwa ein Jahr vor der Anstaltsunterbringung. So putzte er andauernd „in ganz sinnloser Art“ und aß nur das, was er selbst zubereitet hatte. 

          Johann Alten verweigerte einige körperliche Untersuchungen und betonte bei der Überprüfung der Reflexe „´Sie hauen mir die ganzen Beine ab´“. Durch diese Untersuchung sei dann „das Blut nicht mehr durch den Körper gegangen“, was laut ihm der Grund für sein Verhalten sei. Zudem konnte er nicht ohne Aufsicht zu Hause sein. Aufgrund von „Gemeingefährlichkeit gegen sich und andere“ wurde er anstaltsverwahrt. 

          Zwei Monate nach der Anstaltsunterbringung, am 3. Oktober 1936, stellte der Anstaltsarzt den Antrag auf Unfruchtbarmachung an das Erbgesundheitsgericht in Koblenz. Begründet wurde dieser Antrag mit dem fortpflanzungsfähigen Alters des damals 37-Jährigen einerseits sowie der Möglichkeit einer Besserung und einer damit anzunehmenden Entlassung aus der Anstalt andererseits. Antragsteller war nicht Johann Alten selbst, da er laut ärztlichem Gutachten „wegen Geisteskrankheit nicht im Stande“ war, eigene Rechtsangelegenheiten zu klären. Auch eine Verständigung mit ihm sei nicht möglich gewesen. Johann Alten gab im Zuge dessen das Versprechen ab, sich des Geschlechtsverkehrs und der Heirat zu enthalten, bekundete nicht am anderen Geschlecht interessiert zu sein und betonte die gute Aufsicht seiner Familie – vermutlich, um der Unfruchtbarmachung zu entgehen. Dennoch bestand der Anstaltsarzt darauf, das Erbgesundheitsgericht solle die Unfruchtbarmachung anordnen. Am 25. November 1936 wurde Mathias Hornetz (verheiratet mit Johann Altens Schwester Eva) über das Verfahren der Unfruchtbarmachung informiert. Er wurde als Pfleger eingetragen, um Johann Altens Vermögen zu verwalten und ihn im Verfahren zu vertreten. Diesbezüglich bekundete er: „Der Antrag und seine Begründung sind mir bekannt. Ich halte es für das Beste, wenn der Pflegling unfruchtbar gemacht wird“. Somit wurde auch durch den gesetzlichen Vertreter, ein Familienmitglied, kein Einspruch gegen die Unfruchtbarmachung erhoben. 

          In einer nichtöffentlichen Sitzung des Erbgesundheitsgerichts Koblenz am 5. Januar 1937 erfolgte schließlich der Beschluss: Johann Alten, „ist unfruchtbar zu machen“, denn es sei „einwandfrei festgestellt, dass A. an Schizophrenie leidet“. Wegen eines hohen Erbrisikos sei der Eingriff aufgrund des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ geboten. Letztlich wurde Johann Alten am 18. Februar 1937 ins Elisabeth-Krankenhaus in Koblenz verlegt. Die Unfruchtbarmachung wurde hier bereits am Folgetag vollzogen. Er wurde am 1. März entlassen und zurück nach Andernach gebracht. Von dort aus kam er am 23. April 1941 mit einem Transport nach Hadamar und wurde hier am selben Tag im Rahmen der „Aktion T4“ ermordet. 

          Quellen: Landeshauptarchiv Koblenz (LHAKo), Abt. 512,017, Nr. 305; Schneider, Christoph/Stul, Claudia (Bearb.): Gedenkbuch zur Erinnerung an die 1941-1945 in der Tötungsanstalt Hadamar Ermordeten, Hadamar ²2019 

          Autor:in:  Nina Huppertz

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          • Matthias Koch

            Matthias Koch

            Geburtsdatum, Geburtsort: 16. September 1919, Gerolstein

            Todesdatum, Sterbeort: 7. Mai 1941, Hadamar

            Beruf: ohne Beruf

             Mit 19 Jahren wurde Matthias Koch am 30. November 1938 in der Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt geht aus seiner Akte hervor, dass er katholisch, ledig, 176cm groß und 59kg schwer ist. Seine Eltern sind Theodor und Veronika Koch, und neben einer im Alter von 15 Monaten verstorbenen Schwester, hatte Matthias sechs weitere Geschwister. Auf seinem Aufnahmeschein in der Pflegeanstalt wird sein Krankheitsverlauf folgendermaßen beschrieben: Er erleide seit seinem neunten Lebensjahr immer wieder epileptische Anfälle, durch die er sich auch Verletzungen zuziehe. Seit geraumer Zeit soll er versucht haben sein Zuhause zu verlassen und auf Versuche, ihn davon abzuhalten, böse reagiert haben. Er war bereits wegen seiner Erkrankung 1939 für neun Monate in Bonn in ärztlicher Behandlung. Matthias Koch ging acht Jahre lang auf eine Volksschule, ist kinderlos und laut Angabe der Eltern ohne Vermögen. Von den Aufnahmeärzten wird er als „weitgehend verblödeter Epileptiker“ beurteilt, der Schwierigkeiten beim Sprechen habe und laut eigener Angaben an eine Besserung im 21. Lebensjahr glaubt. Daher attestierten die Ärzte einen „ziemlich reducierte[n] Allgemeinzustand“. Während seines Aufenthaltes in Trier wurde sein Krankheitsverlauf rege dokumentiert. Er wird häufig als unruhig beschrieben. Zudem zeigt sich, dass ihm die auferlegte Bettruhe missfiel und er den Wunsch hegte, sein Bett verlassen zu dürfen. Vor Ort erhielt er täglich die Medikamente Lubrocal und Prominal. Letzteres wird auch heute noch Epileptiker:innen verschrieben, soll aber die Arbeitsfähigkeit einschränken. Gegen Ende seines Aufenthaltes in Trier darf er das Bett verlassen, erleidet aber auch häufiger epileptische Anfälle. Am 15. August 1939 wurde er in die Zwischenanstalt Andernach verlegt.

            Dort beschrieb man ihn als „klebrig“ und eine geklammerte Verletzung während eines epileptischen Anfalls wird ersichtlich. Auf die Anordnung der Anstalt im Juni 1940, den Patienten einer Zwangssterilisation zu unterziehen, wird aus dem Antwortschreiben des staatlichen Gesundheitsamtes folgendes deutlich: Matthias Koch wurde im August 1935, also noch vor seiner langfristigen Aufnahme, gegen die Einwände seiner Familie in Trier unfruchtbar gemacht. Besonders bemerkenswert ist der Briefverkehr des Vaters mit der Zwischenanstalt Andernach. Dieser erkundigte sich regelmäßig und durchaus besorgt über seinen Sohn und dessen Gesundheitszustand. Hierbei wurde von der Anstalt aus zugegeben, dass sich zu diesem Zeitpunkt nichts mehr für seinen Sohn machen ließe. Die Behandlung, wegen der er dort untergebracht wurde, wurde eingestellt. Des Weiteren wird der schlechte körperliche Zustand des Patienten deutlich, da dessen Vater berichtete, er klage über „schmerzenden Stuhlgang und Verstopfung“ sowie die Ruhestellung im Bett. Diese Beschwerden hat Matthias‘ Vater Theodor Koch am 16. Januar 1941 vorgebracht und die Vernachlässigung, die ihm in der Zwischenanstalt widerfahren ist, lässt sich nicht leugnen. Am 7. Mai 1941 wurde er dann von der GeKraT (Gemeinnützigen Krankentransportgruppe Berlin) abgeholt und nach Hadamar gebracht. Obwohl die „T4-Aktion“ zu diesem Zeitpunkt seit ca. einem Monat offiziell beendet war, ist dennoch davon auszugehen, dass er in Hadamar den Gasmord erlitt. Matthias Koch wird aufgrund seiner „erblichen Fallsucht, also der Epilepsie, Opfer des NS-Systems und dessen menschenverachtender Rassenideologie.

            Quelle: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/27651.

            Literatur: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175.

            Abbildung: BArch Berlin, R 179/27651.

            Autor:in: Paulina Wulff 

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            • Anna Dany

              Anna Dany

              Geburtsdatum, Geburtsort: 11. Februar 1920, Trier-Ehrang

              Todesdatum, Sterbeort: 9. Mai 1941, Hadamar

              Beruf: ohne Beruf

              Anna Dany wurde am 11. Februar 1920 in Trier geboren und lebte mit ihren Eltern, Nikolaus und Katharina Dany, in Trier-Quint. Hier wuchs sie katholisch geprägt auf. Aufgrund der Erkrankung ihrer Eltern wurde sie am 21. Mai 1937 in der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Andernach aufgenommen. Hier wurde sie sogleich von einem Anstaltsarzt untersucht, der in ihrer Krankenakte Weinen und Hinfallen durch Krämpfe in den Beinen vermerkte. Ihr linkes Bein schleife beim Gehen und ihre Sprache sei undeutlich. Die zierliche und untergewichtige Jugendliche wird als asthenisch und blass beschrieben und der Arzt diagnostizierte Folgen einer Kinderlähmung. 

              Die Jugendliche war gutmütig, meist für sich allein und hatte während ihrer Schulzeit ein gutes Gedächtnis. In der Heilanstalt beschäftigte sie sich mit einfachen Näharbeiten und wurde hierbei zunehmend sicherer. Zu Beginn des Anstaltsaufenthalts war Anna Dany noch sehr zugänglich. Sie hatte jedoch „Angst vor den erwachsenen Kranken“ und wünschte sich deshalb, unter jungen Mädchen zu sein. Sie selbst wurde als „recht harmlos, kindlich“ und unsicher im ganzen Wesen charakterisiert. 

              Bereits einige Monate nach der Anstaltsunterbringung veränderte sich das eingangs als ordentlich und zugänglich beschriebene Wesen Anna Danys. So wurde sie im September 1937 für einige Monate zur Pflege ins Lazarett verlegt, da sie unrein sei. Ab August 1938 ging sie zunehmend körperlich stark zurück und wurde auch im Verhalten auffälliger: Sie sei wenig zugänglich und teilweise aggressiv. In den darauffolgenden Jahren scheint sich dieser Zustand nicht mehr zu verändern. Zudem wirkte sie stumpf, unsauber, unartig und schwierig zu pflegen. Sie schmiere viel, „kratzt und schlägt gelegentlich die anderen Kranken“ und „steckt sich oft den Finger in den Mund um zu erbrechen“. Im November 1940 war sie nicht mehr ansprechbar. 

              Blickt man zu diesem Zeitpunkt zurück auf die kindliche und zutrauliche Jugendliche, ist hiervon nicht mehr viel übrig. Während die damals 17-Jährige bei ihrer Ankunft in Andernach noch phantasievoll beschreibt „Die Wiese ist im Frühling grün, viele Blumen stehen darauf“ (Aufgabenstellung: „Satz aus 3 Worten bilden: (Frühling – Wiese – Blumen!)“), wird ihr letztlich die Möglichkeit genommen, jemals wieder eine Blumenwiese im Frühling erleben zu dürfen. Stattdessen verbrachte sie verängstigt und unsicher vier Jahre in Andernach. Am 25. April 1941 wurde sie von einem der grauen Busse der gemeinnützigen Krankentransportgesellschaft Berlin abgeholt und nach Hadamar verlegt, wo sie am 09. Mai 1941 im Rahmen der erst im August desselben Jahres endenden T4-Aktion vermutlich durch Gas starb. 

              Aus einem Schreiben an die Friedhofsverwaltung in Trier aus Hadamar geht hervor, dass sie einen Tag nach ihrer Ermordung im Krematorium II in Wiesbaden eingeäschert worden sei. Bei dieser Angabe ist darauf hinzuweisen, dass in offiziellen Dokumenten häufig falsche Angaben zum Sterbe- und Einäscherungsdatum gemacht wurden. So wurde das Einäscherungsdatum fingiert und stets einen Tag nach dem Todesdatum angegeben. Hinzu kommt, dass zwar ein Krematorium in Wiesbaden existierte, jedoch keine Verstorbenen zur Einäscherung von Hadamar nach Wiesbaden transportiert wurden. Auf den Wunsch der verwitweten Franziska Karen, geb. Dany, wurde die Asche Anna Danys an die Friedhofsverwaltung Trier übermittelt, um bestattet zu werden. 

               (Stolperstein Anna Danys in der Von-Pidoll-Straße 3, Ehrang-Quint, Trier 
              https://www.ehranger-heimat.de/stolperstein-dany/) 

              Quellen: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/10173; Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 912 Nr. 1974, Standesamt Hadamar Sterberegister 1941, S. 81; Stadtarchiv Trier (StATr), Tb60/721. 

              Literatur: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175; Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. (Hrsg.): Stolpersteine erzählen. Ein Wegbegleiter zu den Mahnmalen für Nazi-Opfer auf den Bürgersteigen der Stadt Trier, Trier ²2015, S. 148. Weiteres zu dem Stolperstein Anna Danys: (https://kulturdb.de/einobjekt.php?id=35153), (https://www.ehranger-heimat.de/stolperstein-dany/). 

              Abbildung Titelbild: BArch Berlin, R 179/10173.

              Autor:in: Nina Huppertz

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              • Maria Roth

                Maria Roth

                Geburtsdatum, Geburtsort: 5. Juli 1894, Trier-Pfalzel

                Todesdatum, Sterbeort: 6. Mai 1941, Hadamar

                Beruf: unbekannt

                 Maria Roth wurde am 5. Juli 1984 in Trier-Pfalzel geboren. Ihre Eltern waren der Fabrikarbeiter Peter Roth und Catharina Roth (geborene Thiel). Sie ist eine von vielen Opfern der „T4-Aktion“ in Hadamar. Da sie mutmaßlich an Epilepsie litt (in den ärztlichen Unterlagen als „erbliche Fallsucht“ bezeichnet) wurde sie fortwährend in verschiedenen Anstalten verwahrt. Schriftlich belegt sind hierbei konkret die Heil- und Pflegeanstalt in Andernach, in welcher sie am 5. Februar 1930 aufgenommen wurde, sowie ab dem 6. Mai 1941 die Landesheilanstalt Hadamar. Dort wurde sie vermutlich noch am Tag ihrer Einlieferung gemeinsam mit 88 anderen Patient:innen im Alter von 46 Jahren getötet. In ärztlichen Akten ist der 27. Mai 1941 als Todesdatum aufgeführt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieses Datum gefälscht wurde um die schnelle Ermordung der Frau zu verdecken. 

                Quellen: Landeshauptarchiv Koblenz (LHAKo), Best. 512,017, Nr. 816; Stadtarchiv Trier (StATr), Tb31/478 1203.

                Abbildung: StATr, Tb 31/478 1203.

                Autor:in: Alicia Grant 

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                • Matthias Schmadel

                  Matthias Schmadel

                  Geburtsdatum, Geburtsort: 22. Febuar 1903, Trier

                  Todesdatum, Sterbeort: 19. August 1941, Hadamar

                  Beruf: unbekannt

                  Über Matthias Schmadels Lebensgeschichte ist nur wenig bekannt. Matthias Schmandel wurde am 22. Februar 1903 als Sohn von Peter und Catharina (geb. Weidel) Schmadel geboren. Er fiel der sogenannten „T4-Aktion“ 1941 zum Opfer. Im Rahmen dieser wurde er von der Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen in die Landesheilanstalt Hadamar verlegt, wo er am 28. Juni 1941 aufgenommen und vermutlich sofort vergast und eingeäschert wurde. Offiziell starb Matthias Schmadel am 19. August 1941 in Hadamar und wurde am Tag darauf in Wiesbaden eingeäschert. 

                  Eine Woche später, am 27. August 1941, setzte sich Nikolaus Schmadel mit der Friedhofsverwaltung Trier in Verbindung, um die Urne seines Bruders beisetzen zu lassen. Die Beisetzung erfolgte am 18. September 1941 auf dem Trier Hauptfriedhof. 

                  Für Nikolaus Schmadel war es die zweite Beerdigung innerhalb weniger Monate. Bereits am 16. Mai 1941 verstarb dessen Sohn Matthias Schmandel (geb. 8. Mai 1933) im Alter von gerade einmal acht Jahren. Er erlag seinen Brandverletzungen infolge eines Unfalls. 

                  Der Briefwechsel von Nikolaus Schmadel sowie sein Name im Aufnahmebuch von Hadamar sind die einzigen Spuren, die Matthias Schmadel hinterlassen hat. Für ihn wurde in der Krahnenstraße 8 in Trier ein Stolperstein eingelassen. 

                  Quellen: Stadtarchiv Trier (StATr), Tb60/721; StATr, Tb31/1509; StATr, Tb31/1512; StATr, Tb31/2898. 

                  Literatur: Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. Trier [Hrsg.]: Stolpersteine erzählen. Ein Wegbegleiter zu den Mahnmalen für Nazi-Opfer auf den Bürgersteinen der Stadt Trier, Trier 22015. 

                  Autor:in:  Katharina Nagel

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                  • Eva Hornetz

                    Eva Hornetz

                    Geburtsdatum, Geburtsort: 5. Oktober 1876, Schillingen, Kreis Trier-Land

                    Todesdatum, Sterbeort: 25. April 1941, Hadamar

                    Beruf: Näherin

                    Eva Hornetz war 56 Jahre alt, als sie 1933 in die Heil- und Pflegeanstalt Andernach eingewiesen wurde. Eine Gemeindeschwester hatte sie am Abend des 16. März zur Anstalt begleitet. Seit Mitte Januar 1933 habe Eva Hornetz „Beeinträchtigungs- und Wahnideen vorwiegend religiöser Natur“. Sie hatte Angst verdammt zu sein, verhungern zu müssen, in die Hölle zu müssen. Am Vortag der Einweisung habe Eva Hornetz dann versucht, auf dem Feld in ein Feuer zu laufen. Sie wurde wegen „Selbstmordneigung und Unruhe“ in die Anstaltspflege aufgenommen.

                    Ihre Akte beschreibt sie bei der Einweisung als „kleine verwachsene Person“ mit langem, ergrautem Haar. Sie war nur 131 cm groß. Ihr wurde eine starke Skoliose und „Verstimmungszustand (manisch-depr. Mischzustand) bei angeborenem Schwachsinn“ diagnostiziert. Sie breche nach Geschrei „plötzlich in ein lang anhaltendes krampfhaftes Lachen aus, das nach längerer Dauer in Weinen übergeht“. Sie rede langsam, wisse aber „wann der Weltkrieg war, wer der Reichspräsident ist“.

                    Vor ihrer Einweisung verbrachte Eva Hornetz fast ihr ganzes Leben in Schillingen (Kreis Trier-Land). Sie war dort geboren worden, ihr Vater ist früh gestorben, ihre Mutter verstarb 1904 an Diabetes. Sie hatte einen Bruder, eine Schwester, einen Stiefbruder und eine Stiefschwester. Der Bruder, Nikolaus Hornetz, hatte als Kind Krämpfe bekommen. Er wurde in eine Anstalt in Waldbreitbach eingewiesen, wo er 1914 starb.

                    Eva Hornetz besuchte die Volksschule Schillingen. Sie musste eine Klasse wiederholen und wurde in der zweiten Klasse aus der Schule entlassen. Nach der Schulentlassung lernte sie Nähen. Nach eigenen Angaben vertrug sie die Ausbildung anfangs jedoch nicht und musste von der Belastung erbrechen. Im Alter von etwa 22-23 Jahren lebte Hornetz eine Zeit lang im Kloster Marienberg (Boppard). Sie erzählte bei der Aufnahme, dass sie jedoch nur kurzzeitig dortgeblieben sei, da ihr die Arbeit zu schwer war und sie Heimweh bekam. Stattdessen hält ihr Aufnahmebogen fest: „Konnte in einem Kloster nicht bleiben, weil sie sich nicht fügte.“

                    Eva Hornetz verbrachte ganze acht Jahre in Andernach. Sie wurde häufig als ängstlich und unzugänglich geschrieben. Ab 1939 verschlechterte sich ihr Zustand. Sie musste mehrfach unter Wache ins Lazarett verlegt werden. Sie verlor in drei Jahren 12 kg Gewicht. 1941 wog sie nur noch 38 kg.

                    Der letzte Eintrag in Eva Hornetz Akte ist auf den 25. April 1941 datiert. Darin heißt es: „Von der gemeinnützigen Krankenhaustransportgesellschaft abgeholt“. Die „Gemeinnützige Krankenhaustransport GmbH (GeKrat)“ führte die Verlegung von Patient:innen im Rahmen der „Aktion T4“ durch. Mit Bussen deportierte man die Patient:innen von den sogenannten Zwischenanstalten in die Tötungsanstalten. Eva Hornetz wurde zusammen mit 59 anderen in die Landesheilanstalt Hadamar gebracht. Dort wurde sie in einer Gaskammer ermordet.

                    Eva Hornetz wurde 65 Jahre alt. Sie wurde, wie über 10.000 weitere Patient:innen, im Rahmen der „Aktion T4“ in Hadamar ermordet.

                    Quellen: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/8979.

                    Literatur: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta (u.a.) (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175.

                    Autor:in: Elisabet Lorent

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                    • Katharina Eiden

                      Katharina Eiden

                      Geburtsdatum, Geburtsort: 14. Februar 1910, Trier

                      Todesdatum, Sterbeort: 25. April 1941, Hadamar

                      Beruf: (Fabrik-)Arbeiterin

                      „…für das freie Leben nicht geeignet.“ – so hieß es über Katharina Eiden in ihrer Krankenakte. Sie verbrachte fast ihr gesamtes Leben in Anstalten. Vor der NS-Zeit wurde sie in einem Zeitraum von fast 30 Jahren nur einmal verlegt – während der NS-Zeit innerhalb von vier Jahren vier Mal.

                      Katharina Helene Eiden wurde am 4. April 1899 in Trier geboren. Sie war die Tochter von Katharina (geb. Barz) und Peter Eiden, die noch fünf weitere Kinder hatten. Die Familie lebte in der Metzelstraße 43. Der Vater wurde als „Trinker“ bezeichnet und hatte als Tagelöhner einen Verdienst von 2,60 RM täglich, wenn er überhaupt Arbeit fand. So erhielt die Familie Armenunterstützung.

                      Im Alter von zwei Jahren erkrankte Katharina an Masern und infolge derer an einer Hirnhautentzündung. Danach sei laut ihren Eltern „Schwachsinn“ aufgetreten. Später wurde bei der Zweijährigen eine Intelligenzminderung festgestellt, die vermutlich eine Folge der Hirnhautentzündung war, im damaligen Jargon jedoch als „Idiotismus“ bezeichnet wurde. Abgesehen von „zeitweiligen affektiven Erregungen“ würden jedoch „keine abnormen Züge“ auftreten. Für einen „Bildungsversuch“ wurde das St. Vinzenzstift in Aulhausen vorgeschlagen. Im September 1909 kam Katharina Eiden dorthin. Die zuvor gestellte Diagnose wurde bestätigt.

                      Ihre Sprache sei etwas verlangsamt gewesen, sie spreche zudem im Dialekt. Sie sei „im Allgemeinen zutraulich, manchmal eigensinnig“ und hätte ein „reizbares Temperament“ . Katharina Eiden – „langsam und schwerfällig in allem“ – ging dort im Alter von 15 Jahren in die dritte Klasse. Im September 1916 wurde sie in das St. Valentinushaus in Kiedrich verlegt, wo sie bis auf eine kurze Unterbrechung von vier Monaten über 20 Jahre – bis Juni 1937 – blieb. Sie galt dort zunächst als „ruhige harmlose, zufriedene Kranke“. Mit der Zeit träten Verhaltensänderungen auf, sie wurde zunehmend als „launisch, zänkisch, eigensinnig“ beschrieben und es käme zu Konflikten mit anderen Patient:innen. Die einzige Tätigkeit, die Katharina Eiden dort in 20 Jahren ausführte, war Kartoffelschälen.

                      Danach wurde sie bis zu ihrem Tod 1941 vier Mal verlegt. Dies geschah nicht nur aus individuellen Gründen, sondern entsprach oft einer allgemeinen Verlegungspraxis. Sie kam in die Landesheilanstalten in Herborn (Dillkreis), Merxhausen und Eichberg, wo sie als „stumpf und verblödet, jedoch ruhig, willig und unauffällig“ beschrieben wurde. Zunehmend sei sie jedoch nicht mehr zu einer geregelten Tätigkeit zu bewegen gewesen, es hieß über sie: „Geistig ist sie sehr tiefstehend.“ Am 28. Mai 1941 wurde sie schließlich „nach einer anderen Anstalt verlegt“ – eine Formulierung, die die Verlegung in die jeweilige Tötungsanstalt meinte. In der Landesheilanstalt Hadamar wurden die Patient:innen meist bereits am Tag ihrer Ankunft getötet – Katharina Eiden am 28. Mai 1941 im Alter von 42 Jahren im Rahmen der „T4-Aktion“.

                      Katharina Eiden kam bereits im Alter von zehn Jahren erstmals in eine psychiatrische Klinik und verbrachte bis auf eine kurze Unterbrechung ihr ganzes restliches Leben, also 32 Jahre dort – lernte also das freie Leben, für das sie angeblich nicht geeignet gewesen sei, nie kennen.

                      Quellen: Adress- und Geschäftshandbuch der Stadt Trier 1920; Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (AVLR), Nr. 96297.; Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/20500; Stadtarchiv Trier (StATr), Tb31/594, Nr. 300/1899; Schneider, Christoph; Stuhl, Claudia: Gedenkbuch zur Erinnerung an die 1941-1945 in der Hadamar Ermordeten, Hadamar ²2019.

                      Literatur: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941-1945), S. 156-176, in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175.

                      Abbildungsverzeichnis: Ausschnitt des Deckblattes der Krankenakte Katharina Eidens (BArch Berlin, R 179/20500).

                      Autor:in: Sarah Baltes 

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