• Josef Freudenreich

    Josef Freudenreich

    Geburtsdatum, Geburtsort: 2. Januar 1906, Riol (Kreis Trier)

    Todesdatum, Sterbeort: 5. Mai 1941, Hadamar

    Beruf: ohne (vorher: Zeitungsausträger)

    Josef Freudenreich wurde am 2. Januar 1906 in Riol im Kreis Trier geboren. Über seine familiären Verhältnisse ist heute nichts mehr bekannt. 

    Am 26. März 1921 wurde Josef Freudenreich in die Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder Trier aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war er gerade 15 Jahre alt. Grund für seine Einweisung war wohl eine „angeborene Imbezillität“, die auch nachträglich in seiner Patientenakte vermerkt wurde. Imbezillität ist eine damals gebräuchliche Bezeichnung für eine mittelgradige geistige Behinderung, die sich vor allem in kognitiver Einschränkung und Intelligenzminderung der Betroffenen äußerte. Im Anamnesebogen wurde Josef Freudenreich vom behandelnden Arzt als für sein Alter klein und schmächtig gebaut beschrieben. Grund für seine Einlieferung war sein auffälliges Verhalten. Er zerriss mehrere lange Kleider sowie ein Hemd, außerdem zerschlug er vier Fensterscheiben. Der Arzt vermerkte weiterhin, dass Josef Freudenreich davon berichtete, Stimmen zu hören, dazu aber nie weitere Angaben machen konnte. Im Allgemeinen, so der Arzt, wirke Josef Freudenreich desinteressiert und hibbelig, spreche unzusammenhängend, beantworte viele der Fragen nur mit einem läppischen Lachen und mache “den Eindruck des Schwachsinns”. Auf Anrede würde er nicht reagieren, sei für die kleinsten und einfachsten Arbeiten auf der Station aber durchaus zu gebrauchen und auch stets willig, diese auszuführen. So half er im Verlauf seines Aufenthalts oft in der Küche oder auf Station und wird dabei als ruhig und fähig beschrieben. Laut eigener Auskunft gefiel es Josef Freudenreich in der Pflegeanstalt gut, er wollte dort bleiben. Dennoch verhalte er sich gegenüber seinen Mitmenschen eher desinteressiert und abweisend. Auffällig ist, dass im Jahr seiner Einweisung noch regelmäßig Einträge in seiner Patientenakte gemacht wurden, die ab Jahresbeginn 1922 immer seltener wurden und sich inhaltlich meistens wiederholen. Für die Jahre 1925, 1926 und 1927 findet sich jeweils nur noch ein kurzer Eintrag. Bis zu seiner Verlegung nach Hadamar wird über seinen Zustand kein Eintrag mehr in der Akte aufgenommen. 

    Josef Freudenreich wurde später in die Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen verlegt. Hier wurde nur eine kurze Anamnese vorgenommen, in der man berichtete, dass er “mit leiser schwer verständlicher Stimme” rede, dabei leer und uninteressiert wirke und ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht habe. Bereits 20 Jahre zuvor, bei seiner Einweisung in die Heil- und Pflegeanstalt in Trier, wurde ein ähnlicher Wortlaut verwendet, um seinen gesundheitlichen Zustand zu beschreiben. Die Vermutung liegt nahe, dass bei Eintreffen der Patienten keine eingehende Untersuchung mehr stattgefunden hatte. Josef selbst gab an, einst Zeitungsausträger gewesen zu sein, aufgrund einer Typhuskrankheit aber nie eine Ausbildung gemacht zu haben und insgesamt nur acht Jahre zur Schule gegangen sei. Vom behandelnden Personal wurden ihm im Zuge dieser Untersuchung auch Rechenaufgaben gestellt, die er allerdings nicht lösen konnte. Seine Ausdrucksweise wurde als “geschraubt” beschrieben, was allerdings im Widerspruch zu vorherigen Beschreibungen steht, da er sich, trotz seiner Erkrankung, scheinbar doch gewählt und verständlich ausdrücken konnte. 

    Symptome, die auf weitere neurologische Erkrankungen hindeuten könnten, wie z.B. das Hören von Stimmen, zeigte Josef Freudenreich in Galkhausen, anders als in Trier, nicht. Vom behandelnden Arzt wurde allerdings die ursprüngliche Diagnose infrage gestellt. So mache Josef eher den Eindruck eines „Schizophrenen“ als eines „Schwachsinnigen“. Als Grund hierfür wurde alleinig der Krankheitsverlauf angegeben. So habe Josef Freudenreich im Alter von 15 Jahren, also unmittelbar vor seiner Einweisung in die Heil- und Pflegeanstalt in Trier, erste Symptome gezeigt. Ein möglicher Auslöser für diese Symptome wird nicht angegeben. 

    Der letzte Eintrag in Josef Freudenreichs Patientenakte stammt vom 5. Mai 1941. Hier wurde nur noch vermerkt, dass er keine Regung zeige und zu keiner Leistung mehr fähig sei. Außerdem wurde auf Antrag des Reichsverteidigungskommissars seine Verlegung in die Heil- und Pflegeanstalt Hadamar vorbereitet. Josef Freudenreich wurde wahrscheinlich noch am selben Tag in Hadamar im Rahmen der „Aktion T4“ ermordet. Ein offizielles Todesdatum gibt es für ihn jedoch nicht. 

    Foto der Krankenakte – Bundesarchiv (BArch) Berlin, R179/44 

    Quelle: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R179/44.

    Autor/in: Ann-Katrin Listmann 

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