Geburtsdatum, Geburtsort: 16. September 1919, Gerolstein
Todesdatum, Sterbeort: 7. Mai 1941, Hadamar
Beruf: ohne Beruf
Mit 19 Jahren wurde Matthias Koch am 30. November 1938 in der Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt geht aus seiner Akte hervor, dass er katholisch, ledig, 176cm groß und 59kg schwer ist. Seine Eltern sind Theodor und Veronika Koch, und neben einer im Alter von 15 Monaten verstorbenen Schwester, hatte Matthias sechs weitere Geschwister. Auf seinem Aufnahmeschein in der Pflegeanstalt wird sein Krankheitsverlauf folgendermaßen beschrieben: Er erleide seit seinem neunten Lebensjahr immer wieder epileptische Anfälle, durch die er sich auch Verletzungen zuziehe. Seit geraumer Zeit soll er versucht haben sein Zuhause zu verlassen und auf Versuche, ihn davon abzuhalten, böse reagiert haben. Er war bereits wegen seiner Erkrankung 1939 für neun Monate in Bonn in ärztlicher Behandlung. Matthias Koch ging acht Jahre lang auf eine Volksschule, ist kinderlos und laut Angabe der Eltern ohne Vermögen. Von den Aufnahmeärzten wird er als „weitgehend verblödeter Epileptiker“ beurteilt, der Schwierigkeiten beim Sprechen habe und laut eigener Angaben an eine Besserung im 21. Lebensjahr glaubt. Daher attestierten die Ärzte einen „ziemlich reducierte[n] Allgemeinzustand“. Während seines Aufenthaltes in Trier wurde sein Krankheitsverlauf rege dokumentiert. Er wird häufig als unruhig beschrieben. Zudem zeigt sich, dass ihm die auferlegte Bettruhe missfiel und er den Wunsch hegte, sein Bett verlassen zu dürfen. Vor Ort erhielt er täglich die Medikamente Lubrocal und Prominal. Letzteres wird auch heute noch Epileptiker:innen verschrieben, soll aber die Arbeitsfähigkeit einschränken. Gegen Ende seines Aufenthaltes in Trier darf er das Bett verlassen, erleidet aber auch häufiger epileptische Anfälle. Am 15. August 1939 wurde er in die Zwischenanstalt Andernach verlegt.
Dort beschrieb man ihn als „klebrig“ und eine geklammerte Verletzung während eines epileptischen Anfalls wird ersichtlich. Auf die Anordnung der Anstalt im Juni 1940, den Patienten einer Zwangssterilisation zu unterziehen, wird aus dem Antwortschreiben des staatlichen Gesundheitsamtes folgendes deutlich: Matthias Koch wurde im August 1935, also noch vor seiner langfristigen Aufnahme, gegen die Einwände seiner Familie in Trier unfruchtbar gemacht. Besonders bemerkenswert ist der Briefverkehr des Vaters mit der Zwischenanstalt Andernach. Dieser erkundigte sich regelmäßig und durchaus besorgt über seinen Sohn und dessen Gesundheitszustand. Hierbei wurde von der Anstalt aus zugegeben, dass sich zu diesem Zeitpunkt nichts mehr für seinen Sohn machen ließe. Die Behandlung, wegen der er dort untergebracht wurde, wurde eingestellt. Des Weiteren wird der schlechte körperliche Zustand des Patienten deutlich, da dessen Vater berichtete, er klage über „schmerzenden Stuhlgang und Verstopfung“ sowie die Ruhestellung im Bett. Diese Beschwerden hat Matthias‘ Vater Theodor Koch am 16. Januar 1941 vorgebracht und die Vernachlässigung, die ihm in der Zwischenanstalt widerfahren ist, lässt sich nicht leugnen. Am 7. Mai 1941 wurde er dann von der GeKraT (Gemeinnützigen Krankentransportgruppe Berlin) abgeholt und nach Hadamar gebracht. Obwohl die „T4-Aktion“ zu diesem Zeitpunkt seit ca. einem Monat offiziell beendet war, ist dennoch davon auszugehen, dass er in Hadamar den Gasmord erlitt. Matthias Koch wird aufgrund seiner „erblichen Fallsucht„, also der Epilepsie, Opfer des NS-Systems und dessen menschenverachtender Rassenideologie.
Quelle: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/27651.
Literatur: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175.
Abbildung: BArch Berlin, R 179/27651.
Autor:in: Paulina Wulff