Geburtsdatum, Geburtsort: 25. August 1905, Münster (Westfalen)
Todesdatum, Sterbeort: 15. November 1943, Hadamar
Beruf: Novize der Salesianer Don Boscos, davor Zimmermann und Ausbildung an der staatl. Baugewerkschule Münster (Tiefbau)
Geboren wurde Paul Dübe am 25. August 1905 als Kind des Lokomotivführers Wilhelm Anton Gerhard Dübe (18. Februar 1870–1930) und der Hausfrau Maria Anna Theresia Dübe, geb. Nümmerloh (28. April 1874–15. Februar 1954) im elterlichen Haus in der Wolbeckerstraße 103 in Münster. Insgesamt hatte das Ehepaar Dübe sechs Kinder. Nur drei davon erreichten jedoch das Erwachsenenalter. Bis zu seinem 16. Lebensjahr besuchte er die Oberrealschule Münster. Seine ersten Schritte in der Berufswelt machte Paul Dübe in einem Architekturbüro und bei einem Zimmermann. Anschließend besuchte er erfolgreich die staatl. Baugewerkschule (für Tiefbau). Nach diesem Abschluss müssen sich die Prioritäten von Paul geändert haben, denn im September 1925 bewarb er sich auf einen Platz im Kloster der Salesianer Don Boscos im oberbayrischen Ensdorf. In seinem Anschreiben gab er an, dass es sein Wunsch sei, seine ganze Kraft in den Dienst Gottes „für die leidende Menschheit“ zu stellen. Vielleicht war der Wunsch, Priester zu werden, ein Versuch von Paul, seinen Platz/seine Bestimmung in der Welt zu finden.
Über seine Zeit im Kloster lässt sich wenig sagen. Einzig zwei Eintragungen der Novizenmeister sind belegt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. 1925 schrieb der Novizenmeister Pater Stephan Wolferstetter: „er hat sich gezeigt von tiefer Frömmigkeit [zu sein], er neigt fast ein wenig zum kontemplativen Leben – ernsthafter Charakter, eifrig und intelligent.“ 1927 erhielt er nach erfolgreichen Studien die sogenannten „zeitlichen Weihen“ und war damit offiziell Novize und Bruder der Salesianer. Novizenmeister Pater Johannes Lechermann schrieb 1928 hingegen: „Der Kandidat ist zu einfach im Hinblick auf die Assistenz. Sein Gesundheitszustand erlaubt [es] ihm schwierigerweise, mit dem Studium fortzufahren, auf der anderen Seite hat er viele gute Qualitäten, die es ihm fähig machen, als Laienbruder [Teil der Gemeinschaft zu bleiben]. Er machte diese Bitte/Anfrage in diesem Sinn.“
Aus den Unterlagen lässt sich nicht rekonstruieren, wie es zu dieser Wesensveränderung gekommen ist, auch genaue Symptome werden nicht beschrieben. Über die Gründe für diese Wesensveränderung kann folglich auch nur spekuliert werden. Auf dem Aktendeckel seiner Patientenakte wird als letzter Wohnort der Helenenberg in Trier genannt. Dort befindet sich noch heute eine Niederlassung der Salesianer Don Boscos. Falls Paul Dübe jemals auf dem Helenenberg war, so kann dies nur sehr kurze Zeit im Jahre 1929 und unmittelbar vor seiner Rückreise nach Münster gewesen sein. Denn die Verschlechterung seines Zustandes führte dazu, dass die Salesianer ihn im März 1929 zurück zu seiner Familie nach Münster schickten (lediglich die Verweigerung der Nahrung wird genannt). Am 22. November 1929 erstellte Dr. Többen das erste ärztliche Gutachten über Paul Dübe, nachdem dieser am Vortag in die Heilanstalt von Münster eingewiesen worden war. Sein Verhalten wird als still und sehr passiv beschrieben. Dazu notierte Dr. Többen weiter: „Spricht nicht, erst nach langem Zureden. Lacht unmotiviert, macht Grimassen. […]“
Auf Grundlage dieser kurzen Beschreibung kam der Gutachter zu der Diagnose „Schizophrenie“. In der Zeit von Mai bis November 1930 wurde Paul entlassen. In dieser Zeit starb auch sein Vater Wilhelm. Nach der erneuten Einweisung sollte Paul bis zum 12. September 1933 ununterbrochen in der Anstalt verbleiben. Neben der Diagnose „Schizophrenie“ wurden nun die Attribute „negativ“, „Stereotypien“ und „kataton“ in der Akte ergänzt. Am 12. Dezember 1933 wurde Paul erneut entlassen – dieses Mal mit dem Vermerk „ungeheilt“ und „Gegen ärztlichen Rat von der Mutter abgeholt.“ Was Maria Dübe zu diesem Schritt bewogen haben mag, ist unbekannt.
Im März 1936 erfolgte die erneute Einweisung in die Heilanstalt Münster-Marienthal. Pauls Bruder berichtete den Ärzten, dass dieser „gegen die Mutter gewalttätig“ gewesen sei. Dies wird wohl der Grund für die erneute Einweisung in die Klinik gewesen sein. Mit der erneuten Aufnahme wurde jedoch auch die Politik der Nazis deutlich. Am 6. Mai 1936 erstattete der Direktor der Heilanstalt die Anzeige auf Unfruchtbarmachung Paul Dübes „zur gegebenen Zeit“ nach „Art. 3 Absch. 4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 5. Dezember 1933.“ Der Einspruch der Mutter gegen diesen Antrag wurde zurückgewiesen. Am 8. April 1942 erfolgte die Unfruchtbarmachung im evangelischen Krankenhaus in Münster. Die Rechnung über Operations- und Behandlungskosten von 50,70 RM wurde der Stadt auferlegt. Am 29. Juni 1943 wurde Paul in die Landesheilanstalt Eichberg verlegt und von dort aus am 12. Oktober 1943 nach Hadamar.
Nach den offiziellen Dokumenten endete das Leben Paul Peter Dübes einen knappen Monat später, am 15. November 1943, aufgrund einer Lungenentzündung, mit 38 Jahren. Seiner Mutter schickte man ein Telegramm, um sie darüber zu informieren. Die Umstände deuten stark darauf hin, dass die Todesursache nicht stimmte und dass Paul damit Opfer der „dezentralen Euthanasie“ wurde. Was bleibt von diesem Leben? Paul Dübe war mehr als ein Opfer der Nazis. Er war ein junger Mann auf der Suche nach seinem Platz in der Welt mit Träumen und Ideen, die er nie verwirklichen konnte, und er hatte eine Familie, die ihn nie aufgegeben hat.
Quellen: Stadtarchiv Münster (StvM), Auszug aus dem Ehestandsregister, Nr. 350, Jhg. 1896; Archiv des Landeswohlfahrtsamtes Hessen (LWV), K12, Nr. 3840; Archiv der Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos (AI-SDB-GER), Personalakte Paul Dübe.
Autor:in: Mathias Zell