Geburtsdatum, Geburtsort: 13. Februar 1926, Trier
Todesdatum, Sterbeort: 18. März 1941, Hadamar
Beruf: ohne Beruf
„Plötzlich erhielten wir von Sonnenschein / Sa die Nachricht von dem Tode mit der Sterbeurkunde.“ Das schrieb Hertha Blau, die Mutter von Rudolf Blau, in ihrem Antrag für Elternrente an das Amt für Wiedergutmachung in Mainz am 16. August 1954. Ihre Verwunderung über den Tod ihres Sohnes wird in den nächsten Zeilen ihrer Erläuterung deutlich. Sie und ihr Mann Franz Blau seien über die Verlegung ihres Sohnes nach Sonnenschein nicht informiert worden. Da die Anstalt auf keine ihrer Anfragen reagierte, sei ihnen bewusst geworden, dass ihr Sohn keines natürlichen Todes gestorben sein kann. Ihnen wurde bewusst, dass die Gerüchte um den Mord von psychisch kranken Menschen wahr sein mussten.
Rudolf Blau wurde am 13. Februar 1926 in Trier geboren. Im Alter von zwei Jahren wurde er auf Veranlassung des Wohlfahrtsamtes Trier in die Rheinische Provinzial Kinderanstalt für seelisch Abnorme in Bonn eingewiesen. Dort diagnostizierten die Ärzte bei ihm Entwicklungsstörungen. Er habe erst mit 18 Monaten angefangen zu laufen und spreche nicht, abgesehen von einem nicht genau definierten Zeitraum, in dem er „Mama“ und „Papa“ sagen könne. Nach fünf Tagen wurde er wieder entlassen und kam zurück zu seinen Eltern. Ab seinem sechsten Lebensjahr besuchte er Hilfs- und Privatschulen.
Erst zu Beginn des Krieges wurde er von seinen Eltern wieder in eine Heil- und Pflegeanstalt gebracht, und zwar in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Scheuern/Lahn. Ihre Entscheidung begründeten sie damit, dass Trier „von den Behörden zu einer von Kriegseinwirkungen bedrohten Städten erklärt wurde“. Daraus lässt sich schließen, dass sich beide Eltern fürsorglich um Rudolf Blau gekümmert haben. Sie sorgten dafür, dass er in eine geeignete Schule eingeschult wurde und betreuten ihn zu Hause, bis es ihnen wegen des Krieges zu Hause zu unsicher wurde. Dafür spricht auch eine Beschreibung in seiner Patientenakte der Rheinischen Provinzialkinderanstalt in Bonn. Dort wird er als „verwöhnt“ beschrieben, da er sich nicht untersuchen ließe, ohne anzufangen zu weinen. In der Wiedergutmachungsakte von Hertha Blau befindet sich eine Abschrift der Sterbeurkunde von Rudolf Blau. Dort ist angegeben, dass er in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein verstorben sei. Allerdings wird er ebenfalls im Gedenkbuch von Hadamar aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass die angegebenen Daten auf der Sterbeurkunde unzutreffend sind, wie es bei den standardisierten Sterbeurkunden der „Aktion T4“ üblich war. Nicht nur der Sterbeort, sondern auch das Sterbedatum und die Todesursache sind verfälscht worden. Rudolf Blau starb nicht am 9. Mai 1941 an Ruhr und Kreislaufschwäche, sondern am Tag seiner Verlegung nach Hadamar am 18. März 1941 und wurde vermutlich vergast. Die Verfälschung der Angaben dienten der Vertuschung des organisierten Massenmordes an Patient:innen.

Quellen: Amt für Wiedergutmachung Saarburg (AfW SAB) 014894; Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (ALVR), Nr. 58216.
Literatur: Lilienthal, Georg: Die Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen, in: Sandner, Peter: Heilbar und nützlich. Ziele und Wege der Psychatrie in Marburg an der Lahn, Marburg 2001, S. 276-304; Schneider, Christoph/Stuhl, Claudia: Gedenkbuch zur Erinnerung an die 1941-1945 in der Hadamar Ermordeten, Hadamar ²2019.
Autor:in: Theo Mast