• Donatus Schommer

    Geburtsdatum, Geburtsort: 2. April 1919, Detzem

    Todesdatum, Sterbeort: 8. Mai 1941, Hadamar

    Beruf: unbekannt

    Donatus Schommer wurde am 24. April 1919 in Detzem im Landkreis Trier-Saarburg geboren. Seine Eltern, Matthias Schommer und Barbara Faber, lebten 1933 in der Friedhofsstraße 44 in Ehrang. Nachdem Donatus in der ersten Klasse nicht hinterhergekommen war, übergab sein Vater ihn in die Obhut des St. Vincenzstift Aulhausen. Der Sankt Vincenzstift war ein Heim für Kinder mit Behinderung. 

    Am 5. September 1935 stellte ein Provinzialrat aus Rüdesheim einen Antrag für die Unfruchtbarmachung von Donatus Schommer an das Erbgesundheitsgericht Wiesbaden. Dieser sei „nicht geschäftsfähig“ und er leide an „angeborenem Schwachsinn“. Ein ärztliches Gutachten und ein „Intelligenzprüfungsbogen“ sollten den Antrag unterstützen. Auch eine Bescheinigung darüber, dass Donatus Schommer über die Zwangssterilisation aufgeklärt worden sei, lagen bei – obwohl er sich nicht gegen den Eingriff hätte entscheiden können. Das Erbgesundheitsgericht Wiesbaden gab dem Antrag statt. Am 11. November 1935 wurde er in der Landesheilanstalt Eichberg im Rheingau zwangssterilisiert. Er war zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt. Donatus Schommer war einer von 320 Patienten, die in dieser Anstalt zwangssterilisiert wurden. 

    Über seinen weiteren Verbleib wissen wir kaum etwas. Am 7. Juli 1939 wurde Donatus Schommers in die Heil- und Pflegeanstalt in Andernach eingewiesen. Von dort aus wurde er am 8. Mai 1941 in die Landesheilanstalt Hadamar verlegt. Der Transport fand in Bussen mit abgedeckten Fenstern statt. Vor Ort wurden die Patient:innen meist noch am selben Tag in einer Gaskammer ermordet. 

    Donatus Schommer wurde nur 22 Jahre alt. Er wurde unter nationalsozialistischer Herrschaft zwangssterilisiert und ermordet. 

    Quellen: Landeshauptarchiv Koblenz (LHAKo), Best. 512,017, Nr. 3. 

    Literatur: Sandner, Peter: Der Eichberg im Nationalsozialismus, in: Vanja, Christina u.a. (Hrsg.): Wissen und Irren. Psychiatriegeschichte aus zwei Jahrhunderten – Eberbach und Eichberg, Kassel 1999, S. 164-220; Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175.

    Autor:in:  Elisabet Lorent 

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    • Angelika Steffes

      Angelika Steffes

      Geburtsdatum, Geburtsort: 10. Mai 1884, Leiwen

      Todesdatum, Sterbeort: 7. Juni 1941, Hadamar

      Beruf: Modistin

      Die am 10. Mai 1884 in Leiwen geborene Angelika Steffes übte das Handwerk der Modistin aus. Sie hatte braunes, spärliches Haar, eine frische Gesichtsfarbe und war kräftig gebaut. Über ihr Leben, bevor sie am 20. April 1926 in der Heil- und Pflegeanstalt Andernach aufgenommen wurde, wissen wir nur, dass sie ledig war und in Trier lebte. Bereits am 16. April wurde vom Kreisarzt Dr. Ewald angegeben, dass sie „Wahnvorstellungen sexueller Art“ hätte. Sie sei ihm schon seit zwei bis drei Jahren bekannt und wurde „mit elektrischen Strömen aus der Ferne behandelt“, was laut Akte keinen Erfolg erzielte. Die Sinnestäuschungen würden fortdauern und die Wahnvorstellungen intensiver werden. Man warf ihr vor, mit zahlreichen Männern Geschlechtsverkehr gehabt zu haben und sie selbst soll Männer der Hurerei und Sodomie bezichtigt haben. Angelika beschrieb sich als gesund, nur voller innerer Unruhe. Man hätte ihr „alles Schlechte nachgesagt“. In ihrer Akte befindet sich ein Schreiben an den Oberbürgermeister von Trier vom 9. Februar 1927 (siehe Abbildung), aus dem hervorgeht, dass Angelika mit ihrer Situation in Andernach nicht glücklich war. Sie forderte die Stadt Trier, der sie vorwarf sie ihrer Freiheit beraubt zu haben, unter Androhung eines Prozesses dazu auf, sie aus Andernach herauszuholen. Das ist aber nicht das einzige Schreiben, das sich in ihrer Akte befindet. Sie schrieb auch an die obere Gerichtsverwaltung in Köln und verlangte, dass sie, „Angelika Steffes Erfinderin auf jedem Gebiet“, bei den Verhandlungen persönlich dabei zu sein habe, da man sonst alles mögliche über ihre Person sagen würde. 

      In den Jahren zwischen 1926 und 1941 erfasste das Personal der Heil- und Pflegeanstalt immer wieder ihren Zustand. Meist wurde sie als ablehnend gegenüber ihrer Umgebung beschrieben. Sie schimpfe oft vor sich hin und halluziniere, würde Selbstgespräche führen und sei zeitweise „laut, erregt, stumpf zerfahren“. Zuletzt hielt Angelika sich oft im „Rosshaarzimmer“ auf, in dem sie arbeitete und sich beschäftigte. 

      Am 13. Mai 1941 wurde notiert, dass sie aus Platzmangel verlegt werde. Die Gemeinnützige Kranken-Transport GmbH (GeKrat) überführte sie am 7. Juni 1941 nach Hadamar. Ihre Verlegung fällt also in den Zeitraum, in dem in der NS-Tötungsanstalt Hadamar 10.072 Menschen durch das Gas Kohlenmonoxid getötet wurden. Angelika Steffes war eine von ihnen. Während ihr Todesdatum zwar nicht erfasst ist, kann man davon ausgehen, dass sie noch am Tag ihrer Ankunft im Rahmen der „Aktion T4“ ermordet wurde. 

      Quelle: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/7233, Bl. 8.

      Quellen: Bundesarchiv (BArch) Berlin, R 179/7233.

      Literatur: Aly, Götz (Hrsg.): Aktion T4 1939–1945. Die „Euthanasie“-Zentrale in der Tiergartenstraße 4, Berlin 1987, S. 13. 

      Autor:in: Lisa Köhl

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      • Peter Adelsbach

        Peter Adelsbach

        Geburtsdatum, Geburtsort: 6. Juni 1859, Trier-Ehrang

        Todesdatum, Sterbeort: 7. Mai 1941, Hadamar

        Beruf: ohne Beruf

        Am 6. Juni 1859 wurde Peter Adelsbach in Ehrang als Sohn des Tagelöhners Peter Adelsbach und dessen Ehefrau Catharina, geb. Werwie, geboren. Am Folgetag wurde er in der Ehranger Ortskirche St. Peter katholisch getauft. Neben Peter hatte das Ehepaar Adelsbach sieben weitere Kinder, von denen wahrscheinlich nur zwei das Erwachsenenalter erreichten. Einer von ihnen war der älteste Sohn des Ehepaares, Peter. 

        Der ledige und berufslose Peter wurde erstmalig am 28. März 1918 in die Rheinische Provinzial Irrenanstalt Merzig eingewiesen. Hier verbrachte er etwa dreieinhalb Jahre bis zum 1. Oktober 1921. Diagnostiziert wurde bei dem zu diesem Zeitpunkt 60-Jährigen eine „vorzeitige Demenz“. Mit dieser Diagnose wurde Peter Adelsbach im Oktober 1921 schließlich in die Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier überwiesen. Dort zählte er mit seiner Diagnose, die die Psychiatrie der damaligen Zeit dem „Schizophrenen Formenkreis“ zurechnete, zum Großteil der Patient:innen. Über seinen Krankheitsverlauf, seinen Gesundheitszustand und sein Leben in den einzelnen Anstalten ist leider nichts bekannt. Peter Adelsbach war – wie über 460 weitere Personen – im Rahmen der Räumung der Anstalt bis zum 20. August 1939 von einer Verlegung betroffen. Am 15. August 1939 war er Teil eines Transportes, der in die Provinzialirrenanstalt nach Andernach abfuhr. Einige Patient:innen, die mit ihm auf Transport gehen sollten, wurden auf Bitten ihrer Angehörigen von der Transportliste gestrichen und konnten in Trier verbleiben – nicht jedoch Peter. Seine Eltern waren bereits 1877 und 1881 verstorben, seine letzte lebende Schwester 1912. Es scheint also im familiären Umfeld von Peter Adelsbach niemanden mehr gegeben zu haben, der sich für ihn hätte einsetzen können. 

        In der zur Zwischenanstalt erklärten Heil- und Pflegeanstalt in Andernach verblieb er bis zum 7. Mai 1941. An diesem Tag wurde er gemeinsam mit 87 weiteren Patient:innen in die Tötungsanstalt Hadamar überstellt und dort unmittelbar nach seiner Ankunft vergast. Seine Todesbescheinigung weist den 27. Mai 1941 als seinen Todestag aus. Hier wird die gängige Praxis deutlich, falsche Todesdaten amtlich zu beglaubigen, um ungewöhnlich hohe Todeszahlen am gleichen Tag zu vermeiden. 

        Peter Adelsbach starb damit knapp einen Monat vor seinem 82. Geburtstag im Rahmen der „T4-Aktion“. 

        Quellen: Archiv des Landschaftsverbands Rheinland (ALVR), Kartei Erbbiologisches Institut; Stadtarchiv Trier (StATr), T15 (Meldekartei); Tb 31/1166, Nr. 84/1859; Tb31/1397, Nr. 101/1877.

        Literatur: Matthias Klein: NS-„Rassenhygiene“ im Raum Trier. Zwangssterilisationen und Patientenmorde im ehemaligen Regierungsbezirk Trier 1933–1945 (= Rheinisches Archiv, 161), Köln/Weimar/Wien 2020. 

        Abbildung: StATr, Tb31/1166.

        Autor:in: Lena Haase

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        • Nikolaus Feller

          Nikolaus Feller

          Geburtsdatum, Geburtsort: 2. Januar 1898, Konz

          Todesdatum, Sterbeort: 28. April 1941, Hadamar

          Beruf: ohne Beruf

          Nikolaus Feller wurde mit 27 Jahren am 31. März 1925 in der Heil- und Pflegeanstalt der Barmherzigen Brüder in Trier aufgenommen. Aus seiner Akte erfährt man über seine Person, dass er ledig und katholisch war. Seine Eltern gehen aus der Akte nicht hervor. Vermutlich lebte er aber gemeinsam mit ihnen in Konz in der Weinbergstr. 19.

          In seiner Akte wurde er meist ähnlich beschrieben. So heißt es im April 1926: „Auf 8b, verhält sich ruhig, verträglich, stumpf, zufrieden, kein Beschäftigungstrieb, körperlich o.B“. Bis zu seiner Verlegung in die Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen verweilte Nikolaus Feller auf Station 8 der Anstalt der Barmherzigen Brüder. In den 15 Jahren, die er dort verbracht hat, wird er immer wieder als „imbezill“, „untätig“, „ruhig und harmlos“ beschrieben. Zwischenzeitlich soll er kleinere Arbeiten vor Ort erledigt haben, wie das Tragen von Bütten und Töpfen. Am 7. August 1939 wurde er in der Zwischenanstalt Galkhausen aufgenommen und dort teils widersprüchlich beschrieben. So hieß es am 14. September 1939 noch, er sei ein „antriebsarmer, in sich verschlossener, autistischer Pat., der mit sich dauernd beschäftigt ist, sonst ruhig und harmlos […] schwachsinnig – primitive Reaktionsreize“. 

          Am 23. Januar 1941 wurde er aber dann folgendermaßen beschrieben: „Führte zeitweise zerfahrene unverständliche Reden, schlug ohne Grund auf andere ein. Zankte sich […]. Oft zänkisch erregt. Steht oder sitzt den ganzen Tag in den Ecken herum, muss zu allem angehalten werden. Arbeitet nichts“. Gerade anhand dieser Aussagen, die sich im dokumentierten Krankheitsverlauf in der Zwischenanstalt herauslesen lassen, wird die menschenfeindliche Ideologie der NS-Zeit deutlich. Nach acht Monaten Aufenthalt in der Zwischenanstalt Galkhausen wurde er nach Hadamar verlegt. Da Nikolaus Feller 1941 nach Hadamar verlegt wurde, lässt sich vermuten, dass er der ersten Phase (Gasmordphase) der „T4-Aktion“ zum Opfer fiel. In dieser Phase wurden Patient:innen der Pflege- und Heilanstalten in sogenannte Zwischenanstalten verlegt und von dort aus in eine Tötungsanstalt übergeführt, in der sie letztendlich vergast wurden. Die Anstalt Galkhausen war der Tötungsanstalt Hadamar zugeordnet, weswegen davon auszugehen ist, dass Nikolaus Feller dorthin verlegt und umgebracht wurde. Über Nikolaus selbst und auch über seine Familie erfährt man nur wenig, da die Eintragungen sich oft auf nur eine einzige pro Jahr belaufen. Die Beschreibungen gegen Ende seiner Akte schufen das Bild eines aufsässigen Patienten, der laut Angaben des Pflegepersonals keine Arbeiten tätigte und demnach für das leistungsorientierte NS-Regime keinen Nutzen mehr hatte. So wurde Nikolaus Feller mit 43 Jahren wegen einer vermeintlichen Erbkrankheit getötet.

          Quelle: Bundesarchiv Berlin (BArch), R 179/25656.

          Literatur: Lilienthal, Geord: Lilienthal, Georg: Gaskammer und Überdosis. Die Landesheilanstalt Hadamar als Mordzentrum (1941–1945), in: George, Uta u.a. (Hrsg.): Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum, Marburg 2006, S. 156–175. 

          Abbildung: BArch Berlin, R 179/25656, Bl. 1.

          Autor:in: Paulina Wulff 

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          • Josephine Paltzer

            Josephine Paltzer

            Geburtsdatum, Geburtsort: 8. Mai 1887, Trier

            Todesdatum, Sterbeort: 4. November 1942, Hadamar

            Beruf: ohne Beruf

             Am 16. August 1922 brachte Josephine Paltzer (geb. Pazem) ihre Tochter Paula zur Welt. Danach schien sie nicht mehr dieselbe zu sein, denn sie wurde kurz darauf in die städtische Krankenanstalt Lindenburg gebracht und dort mit „schwerer Schizophrenie“ diagnostiziert. Bis zu ihrem Tod am 4. November 1942 wird Josephine Paltzer ihr Leben fast durchgehend im System der Anstalten verbringen.

            Josephine Paltzer wurde am 8. Mai 1887 in Trier als Tochter von Peter und Barbara Pazem geboren. Ihr Vater war Lokomotivführer und kam bei einem Eisenbahnunglück ums Leben. Neben Josephine hatten sie drei weitere Kinder, eine Tochter und zwei Söhne. Als Kind soll sie sehr still, aber eigen gewesen sein. Sie besuchte die Volkshochschule und erwies sich dort als gute Schülerin. Später heiratete Josephine Karl Ferdinand Paltzer und zog vermutlich mit ihm zusammen oder zu ihm nach Köln, wo sie zum Zeitpunkt ihrer Einweisung wohnte. Aus der Patientenakte der Rheinischen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Bonn geht hervor, dass sie und ihr Ehemann eine glückliche Ehe führten. Vor seinem Tod im Juni 1938 erkundigte sich Ferdinand Paltzer mehrmals bei der Pflegeanstalt Klosterhoven nach dem Befinden seiner Ehefrau. Außerdem verließ sie von September 1923 bis zum Februar 1924 gegen ärztlichen Rat die Klinik. Es ist anzunehmen, dass sie diese Zeit bei ihrem Ehemann und ihrer Tochter verbrachte. Zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes ist ihre Tochter Paula noch minderjährig. Ihre Vormundschaft übernimmt die Schwester Ferdinands, Paula Halbach, die sich schon zu Lebzeiten des Vaters um ihre Nichte gekümmert hat, da dieser nicht in der Lage dazu war. In ihrer Patientenakte wird beschrieben, dass der Grund für ihre psychische Erkrankung mit der Geburt ihrer Tochter zusammenhinge. Anhand der vorliegenden Akten wird jedoch nicht deutlich, wann genau sie das erste Mal in eine Anstalt kam. Das frühste, uns bekannte Aufnahmedatum ist der 1. Februar 1923 in die Rheinische Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Bonn. Jedoch wird hier auf einen vorherigen  Aufenthalt in der Städtischen Pflegeanstalt Lindenburg hingewiesen, der allerdings nicht genauer datiert wird. Es ist anzunehmen, dass sie in den ersten Monaten nach der Geburt ihrer Tochter nach Lindenburg kam. Der Grund für ihre Einweisung sei nach der Geburt auftretende Insomnie und Unruhe. Sie glaube, dass sie von einer „Elektrischen“, also einer Eisenbahn, verfolgt werden würde. Sie habe andere angegriffen und sei weggelaufen. Josephine blieb, mit Ausnahme ihrer fünfmonatigen Beurlaubung, bis zum 12. März 1924 in der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Bonn. Dort scheint sich ihr Gesundheitszustand nicht zu verbessern. Sie soll halluziniert, Selbstgespräche geführt haben und sei handgreiflich gegenüber Personen in ihrer Umgebung gewesen. Nach ihrer Verlegung in die Privat-Irren-Pflegeanstalt Klosterhoven kommt es phasenweise zu minimalen Verbesserungen ihres Zustandes. In ihrem Krankheitsverlauf wird beschrieben, dass sie sich mehrere Monate am Stück ruhiger verhielt, aber ebenfalls Phasen aufwies, in denen sie nicht redete, außer mit sich selbst, nachts unruhig und laut wurde und sich gegen Anweisungen des Personals sträubte. Klosterhoven war die Anstalt, in der sie sich am längsten aufhielt, bis zu ihrer Verlegung in die Landesheilanstalt Hadamar am 18. August 1942. Dort wird ihr Krankheitsverlauf nicht weiter dokumentiert. Nur an ihrem Todestag, dem 4. November 1942 wird festgehalten, dass sie an Marasmus, einer Krankheit, die aufgrund von Mangelernährung auftritt, verstorben sei. Josephine Paltzer ist dadurch Opfer der sogenannten dezentralen Euthanasie und musste aufgrund von nationalsozialistischer Rassentheorie ihr Leben verlieren.

            Im Gedenken an sie wurde in der Paulinstraße in Trier-Nord ein Stolperstein verlegt.

            Abbildung 1 Übergabeschein der Rheinischen Provinzial-Heil und Pflegeanstalt Bonn (LWV, K12, Nr. 522, Bd. 1, Bl. 1)
            Abbildung 1 Übergabeschein der Rheinischen Provinzial-Heil und Pflegeanstalt Bonn (LWV, K12, Nr. 522, Bd. 1, Bl. 1)

            Quellen: Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), K12, Nr. 522.

            Autor:in: Theo Mast 

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            • Fritz Dahl

              Fritz Dahl

              Geburtsdatum, Geburtsort: 23. November 1893, Trier-Ehrang

              Todesdatum, Sterbeort: 11. Februar 1941

              Beruf: unbekannt

              64 Seiten umfasst die Akte zu Fritz Dahl im Stadtarchiv Trier. Trotzdem bleibt er für uns nahezu unbekannt. In den Unterlagen geht es nicht um ihn oder die weiteren 4 jüdischen Patientinnen und Patienten im Stadtbezirk Trier – sondern darum, wer für die Kosten ihrer Pflege aufkommen sollte. Fritz Dahl wurde am 23. November 1893 in Trier-Ehrang geboren. Er hatte einen älteren Bruder, Otto Dahl. Beide wurden sowohl als Patienten, als auch als Personen, die nach der NS-Ideologie als Juden galten, verfolgt. Die Brüder wurden am 2. November 1936 im Elisabethkrankenhaus Trier zwangssterilisiert. Im Juli 1933 erließ die nationalsozialistische Regierung das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Personen, die nicht nationalsozialistischen Rassevorstellungen entsprachen, sollten so daran gehindert werden, Kinder zu bekommen. Etwa 400.000 Menschen wurden unter der nationalsozialistischen Herrschaft zwangssterilisiert. Noch am Tag ihrer Zwangssterilisierung wurden sie in die Heilanstalt Andernach eingewiesen. Sieben Jahre verbrachten die Brüder gemeinsam in der Anstalt. Otto Dahl starb dort am 21. Mai 1940. Er wurde im Zuge der NS-„Euthanasie“-Programme ermordet. Wie Fritz Dahl mit dem Tod seines Bruders umging, geht nicht aus den Akten hervor. Fritz Dahl verbrachte weitere neun Monate in der Heilanstalt Andernach, bis er am 11. Februar 1941 in die Landesheilanstalt Hadamar deportiert wurde. Dort wurde er, wahrscheinlich noch am selben Tag, in einer Gaskammer ermordet. Er wurde 47 Jahre alt. Fritz Dahl ist ein Stolperstein in der Paulinstraße 76/78 gewidmet. Er liegt neben dem Stolperstein seines Bruders, Otto Dahl.

              Quellen: Stadtarchiv Trier (StATr), Tb14/711.

              Literatur: Hohendorf, Gerrit/Eberle, Annette: Zwangssterilisation und Patientenmorde im Nationalsozialismus – ein Überblick, in: Cranach, Michael von (u.a.) (Hrsg.): Gedenkbuch für die Münchener Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde, Göttingen 2018, S.29-48. 

              Autor:in:  Elisabet Lorent 

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              • Johann Baptist Anton Bastian

                Johann Baptist Anton Bastian

                Geburtsdatum, Geburtsort: 19. Dezember 1878, Trier

                Todesdatum, Sterbeort: 7. Juni 1941, Hadamar

                Beruf: Kassengehülfe

                Von dem Leben Anton Bastians ist nicht viel bekannt. Er wurde am 12. Dezember 1878 in Trier, als Kind des Uhrmachers Benedict Nicolaus Anton Bastian (1852-vor dem Jahre 1924) und der Hausfrau Gertrude Ketter (1856-1924) geboren. Das Ehepaar war seit dem 18.03.1878 miteinander verheiratet und hatte neben Anton noch mindestens ein weiteres Kind, namens Gertrud. Anton Bastian wurde katholisch getauft und sein Familienstand war ledig.

                In der Meldekartei der Stadt Trier wurde hinter seinem Namen „geisteskrank“ vermerkt. Wann und warum es zu dieser Eintragung kam lässt sich nicht rekonstruieren. In einer aus Andernach erhaltenen Kartei wird seine Krankheit mit „Schizophrenie“ angegeben und der Zusatz „abgekapselt, ohne Eigenantrieb“ ergänzt. Diese Formulierung deutet auf die negative Ausprägung der Schizophrenie, oder eine schwere Form einer Depression hin. Weiterhin ist in der Meldekartei der Stadt Trier anstelle eines Umzugs für den Zeitraum Juli 1915 bis November 1918 „Militär“ notiert. Folglich war Anton Bastian in irgendeiner Form im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Aufgrund dieser Tatsache ist davon auszugehen, dass sich seine „Geisteskrankheit“ erst in der Zeit nach dem Wehrdienst gezeigt haben muss, da er andernfalls nicht wehrfähig gewesen wäre bzw. man ihn ausgemustert hätte. In Anbetracht seines Kriegseinsatzes könnte auch eine posttraumatische Belastungsstörung als Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden.

                Weiter ist in der Meldekartei vermerkt, dass sich Anton Bastian ab dem 15. August 1939 in der Heil- und Pflegeanstalt in Andernach befunden hat. Laut dem Meldebogen der Anstalt war Anton Bastian seit 1929 erkrankt, bzw. pflegebedürftig. Was genau damit gemeint ist kann in Hinsicht auf die Diagnose „Schizophrenie“ nur spekuliert werden. Allerdings muss zu diesem frühen Zeitpunkt der Erkrankung wohl noch eine häusliche Pflege, oder zumindest kein dauerhafter Klinikaufenthalt möglich gewesen sein, denn andernfalls wäre ein Umzug in der Meldekartei Triers notiert worden. In Andernach verblieb er vom 15. August 1939 bis zum 7. Juni 1941. An diesem Tag wurde er in die Anstalt Hadamar überstellt. Nach offiziellen Angaben der Anstalt soll er dort am 19. Juni 1941 verstorben sein. Seiner Familie schickte man ein Telegramm, um sie über den Tod zu informieren. Seine Schwester Gertrud Bastian (Feldstraße 11 a in Trier) forderte die Urne mit der vermeintlichen Asche ihres Bruders an. Die Urne aus Hadamar wurde auf dem Zentralfriedhof von Trier bestattet. Ob sich darin jedoch wirklich die Asche Anton Bastians befunden hat, muss infrage gestellt werden.

                Das offiziell festgehaltene Todesdatum ist jedoch wahrscheinlich gefälscht. Zeitpunkt und Ort des Todes, sowie der überlieferte Schriftverkehr mit der Familie deuten darauf hin, dass Anton Bastian im Rahmen der „T4-Aktion“ ermordet wurde. Das Datum seines Transportes nach Hadamar ist demnach auch gleichzeitig als sein Todesdatum anzunehmen, da die Patient:innen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Hadamar in einer Gaskammer im Keller vergast wurden.

                Somit zählt er zu den Opfern der NS-Patientenmorde im Raum Trier. Daher wurde 2011 ein Stolperstein für ihn in der Wallstraße 8 verlegt.

                Quellen: Landeshauptarchiv Koblenz (LHAKo), Best. 426,006, Nr. 44; LHAKo, Best. 426,006, Nr. 50; Stadtarchiv Trier (StATr), Tb15/Meldekartei; StATr, Tb31/77; StATr, Tb31/573; StATr, Tb 31/2859; StATr, Tb60/721.

                Literatur: Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. (Hrsg.): Stolpersteine Erzählen. Ein Wegbegleiter zu den Mahnmalen für Nazi-Opfer auf den Bürgersteigen der Stadt Trier, Trier ²2015, S. 46.

                Abbildung: StATr, Tb31/573.

                Autor:in:  Mathias Zell

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                • Josef Nikolaus Leonartz

                  Josef Nikolaus Leonartz

                  Geburtsdatum, Geburtsort: 23. September 1906, Trier

                  Todesdatum, Sterbeort: 27. Februar 1941, Hadamar

                  Beruf: unbekannt

                  Josef Nikolaus Leonartz wurde am 23. September 1906 in Trier als Sohn von Jakob Leonartz, einem Schlosser beim städtischen Tiefbauamt Trier, und Josephine Leonartz, geborene Mees geboren. Wohnhaft war die Familie in der Örenstraße 14 in Trier. 

                  In den Akten der Stadtverwaltung Trier wurde Josef als taubstummes Kind geführt, das zur Beschulung in eine der Provinzial-Taubstummen- und Kinderanstalten der Rheinprovinz untergebracht wurde. Josef wurde im Alter von sieben Jahren im St. Vincenzstift Aulhausen in Rüdesheim am Rhein untergebracht. Den städtischen Akten ist zu entnehmen, dass es sich hierbei um eine Anstalt zur Unterbringung „taubstummer und idiotischer Kinder“ handelte. Josef hatte früh mit unterschiedlichen Krankheiten zu kämpfen. Im St. Vincenzstift wurde ihm eine „angeborene Imbezillität“ diagnostiziert. Heute würde man hierbei von einer Intelligenzminderung sprechen. Hinzu kam eine Rhachitis, die eine gestörte Mineralisation der Knochen und eine Störung der Wachstumsfugen zur Folge hatte. Josef besuchte ab April 1914 die dortige Vorschule. Im Juni 1914 wurde Josefs Vater zum Kriegsdienst einberufen. Er verstarb am 2. Juni 1918. 

                  In halbjährlichen Berichten wurde seine geistige und körperliche Verfassung dokumentiert. Der zu diesem Zeitpunkt Siebenjährige wurde als verträgliches und geselliges Kind bezeichnet, das jedoch Lernschwierigkeiten und Sprachprobleme hatte. In den Jahren 1915 bis 1917 hatte Josef mit verschiedenen Hautkrankheiten zu kämpfen, die ihn in seiner körperlichen Verfassung schwächten. 

                  Aus einem Brief des Oberbürgermeisters der Stadt Trier vom 21. März 1921 geht hervor, dass Frau Leonartz finanziell nicht in der Lage war, für die Kommunion ihres Sohnes aufzukommen. 

                  Zwei Jahre später wurde er am 15. März 1923 vom Schulbesuch ausgeschlossen, da in seinem Verhalten und in seiner Entwicklung keine Veränderungen mehr festgestellt wurden. Ein weiterer Schulbesuch wurde von nun an als zwecklos beschrieben. 

                  Am 27. Juni 1927 wurde Josef Nikolaus Leonartz mit fast 21 Jahren aus dem St. Vincenzstift Aulhausen entlassen. Dort arbeitete er die vergangenen vier Jahre in der Bürstenmacherei und ging Tätigkeiten in der Hausarbeit nach. Ab diesem Zeitpunkt sind keine weiteren Einzelheiten zu seiner Person mehr bekannt. Es folgte eine Verlegung in die Landesheilanstalt Weilmünster. Die vorliegenden Unterlagen weisen zwischen seiner Entlassung aus dem St. Vincenzstift und seiner Ermordung keine genaueren Informationen auf. Eine dokumentarische Lücke von 14 Jahren liegt vor. 

                  Seine Diagnose lautete „Taubstummheit“. Von Weilmünster gelangte er am 27. Februar 1941 durch einen der Todestransporte nach Hadamar. Josef Nikolaus Leonartz fiel im Alter von 34 Jahren im Rahmen der „T4-Aktion“ dem systematisch betriebenen Patientenmord in Hadamar zum Opfer. 

                   Deckblatt der Akte (Stadtarchiv Trier (StATr) Tb19/700) 

                  Quellen: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), Personenstandsregister Sterberegister, Signatur: 1975; Stadtarchiv Trier (StATr) Tb19/700; StATr Tb31/573.

                  Autor:in: Nico Becker

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                  • Rudolf Blau

                    Rudolf Blau

                    Geburtsdatum, Geburtsort: 13. Februar 1926, Trier

                    Todesdatum, Sterbeort: 18. März 1941, Hadamar

                    Beruf: ohne Beruf

                    „Plötzlich erhielten wir von Sonnenschein / Sa die Nachricht von dem Tode mit der Sterbeurkunde.“ Das schrieb Hertha Blau, die Mutter von Rudolf Blau, in ihrem Antrag für Elternrente an das Amt für Wiedergutmachung in Mainz am 16. August 1954. Ihre Verwunderung über den Tod ihres Sohnes wird in den nächsten Zeilen ihrer Erläuterung deutlich. Sie und ihr Mann Franz Blau seien über die Verlegung ihres Sohnes nach Sonnenschein nicht informiert worden. Da die Anstalt auf keine ihrer Anfragen reagierte, sei ihnen bewusst geworden, dass ihr Sohn keines natürlichen Todes gestorben sein kann. Ihnen wurde bewusst, dass die Gerüchte um den Mord von psychisch kranken Menschen wahr sein mussten.

                    Rudolf Blau wurde am 13. Februar 1926 in Trier geboren. Im Alter von zwei Jahren wurde er auf Veranlassung des Wohlfahrtsamtes Trier in die Rheinische Provinzial Kinderanstalt für seelisch Abnorme in Bonn eingewiesen. Dort diagnostizierten die Ärzte bei ihm Entwicklungsstörungen. Er habe erst mit 18 Monaten angefangen zu laufen und spreche nicht, abgesehen von einem nicht genau definierten Zeitraum, in dem er „Mama“ und „Papa“ sagen könne. Nach fünf Tagen wurde er wieder entlassen und kam zurück zu seinen Eltern. Ab seinem sechsten Lebensjahr besuchte er Hilfs- und Privatschulen.

                    Erst zu Beginn des Krieges wurde er von seinen Eltern wieder in eine Heil- und Pflegeanstalt gebracht, und zwar in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Scheuern/Lahn. Ihre Entscheidung begründeten sie damit, dass Trier „von den Behörden zu einer von Kriegseinwirkungen bedrohten Städten erklärt wurde“. Daraus lässt sich schließen, dass sich beide Eltern fürsorglich um Rudolf Blau gekümmert haben. Sie sorgten dafür, dass er in eine geeignete Schule eingeschult wurde und betreuten ihn zu Hause, bis es ihnen wegen des Krieges zu Hause zu unsicher wurde. Dafür spricht auch eine Beschreibung in seiner Patientenakte der Rheinischen Provinzialkinderanstalt in Bonn. Dort wird er als „verwöhnt“ beschrieben, da er sich nicht untersuchen ließe, ohne anzufangen zu weinen. In der Wiedergutmachungsakte von Hertha Blau befindet sich eine Abschrift der Sterbeurkunde von Rudolf Blau. Dort ist angegeben, dass er in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein verstorben sei. Allerdings wird er ebenfalls im Gedenkbuch von Hadamar aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass die angegebenen Daten auf der Sterbeurkunde unzutreffend sind, wie es bei den standardisierten Sterbeurkunden der „Aktion T4“ üblich war. Nicht nur der Sterbeort, sondern auch das Sterbedatum und die Todesursache sind verfälscht worden. Rudolf Blau starb nicht am 9. Mai 1941 an Ruhr und Kreislaufschwäche, sondern am Tag seiner Verlegung nach Hadamar am 18. März 1941 und wurde vermutlich vergast. Die Verfälschung der Angaben dienten der Vertuschung des organisierten Massenmordes an Patient:innen.

                     Abbildung 1 Abschrift der Sterbeurkunde von Rudolf Blau (AfW SAB 014894, Bl. 1) 

                    Quellen: Amt für Wiedergutmachung Saarburg (AfW SAB) 014894; Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (ALVR), Nr. 58216.

                    Literatur: Lilienthal, Georg: Die Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen, in: Sandner, Peter: Heilbar und nützlich. Ziele und Wege der Psychatrie in Marburg an der Lahn, Marburg 2001, S. 276-304; Schneider, Christoph/Stuhl, Claudia: Gedenkbuch zur Erinnerung an die 1941-1945 in der Hadamar Ermordeten, Hadamar ²2019. 

                    Autor:in:  Theo Mast

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                    • Paul Peter Dübe

                      Paul Peter Dübe

                      Geburtsdatum, Geburtsort: 25. August 1905, Münster (Westfalen)

                      Todesdatum, Sterbeort: 15. November 1943, Hadamar

                      Beruf: Novize der Salesianer Don Boscos, davor Zimmermann und Ausbildung an der staatl. Baugewerkschule Münster (Tiefbau)


                      Geboren wurde Paul Dübe am 25. August 1905 als Kind des Lokomotivführers Wilhelm Anton Gerhard Dübe (18. Februar 1870–1930) und der Hausfrau Maria Anna Theresia Dübe, geb. Nümmerloh (28. April 1874–15. Februar 1954) im elterlichen Haus in der Wolbeckerstraße 103 in Münster. Insgesamt hatte das Ehepaar Dübe sechs Kinder. Nur drei davon erreichten jedoch das Erwachsenenalter. Bis zu seinem 16. Lebensjahr besuchte er die Oberrealschule Münster. Seine ersten Schritte in der Berufswelt machte Paul Dübe in einem Architekturbüro und bei einem Zimmermann. Anschließend besuchte er erfolgreich die staatl. Baugewerkschule (für Tiefbau). Nach diesem Abschluss müssen sich die Prioritäten von Paul geändert haben, denn im September 1925 bewarb er sich auf einen Platz im Kloster der Salesianer Don Boscos im oberbayrischen Ensdorf. In seinem Anschreiben gab er an, dass es sein Wunsch sei, seine ganze Kraft in den Dienst Gottes „für die leidende Menschheit“ zu stellen. Vielleicht war der Wunsch, Priester zu werden, ein Versuch von Paul, seinen Platz/seine Bestimmung in der Welt zu finden.

                      Über seine Zeit im Kloster lässt sich wenig sagen. Einzig zwei Eintragungen der Novizenmeister sind belegt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. 1925 schrieb der Novizenmeister Pater Stephan Wolferstetter: „er hat sich gezeigt von tiefer Frömmigkeit [zu sein], er neigt fast ein wenig zum kontemplativen Leben – ernsthafter Charakter, eifrig und intelligent.“ 1927 erhielt er nach erfolgreichen Studien die sogenannten „zeitlichen Weihen“ und war damit offiziell Novize und Bruder der Salesianer. Novizenmeister Pater Johannes Lechermann schrieb 1928 hingegen: „Der Kandidat ist zu einfach im Hinblick auf die Assistenz. Sein Gesundheitszustand erlaubt [es] ihm schwierigerweise, mit dem Studium fortzufahren, auf der anderen Seite hat er viele gute Qualitäten, die es ihm fähig machen, als Laienbruder [Teil der Gemeinschaft zu bleiben]. Er machte diese Bitte/Anfrage in diesem Sinn.“

                      Aus den Unterlagen lässt sich nicht rekonstruieren, wie es zu dieser Wesensveränderung gekommen ist, auch genaue Symptome werden nicht beschrieben. Über die Gründe für diese Wesensveränderung kann folglich auch nur spekuliert werden. Auf dem Aktendeckel seiner Patientenakte wird als letzter Wohnort der Helenenberg in Trier genannt. Dort befindet sich noch heute eine Niederlassung der Salesianer Don Boscos. Falls Paul Dübe jemals auf dem Helenenberg war, so kann dies nur sehr kurze Zeit im Jahre 1929 und unmittelbar vor seiner Rückreise nach Münster gewesen sein. Denn die Verschlechterung seines Zustandes führte dazu, dass die Salesianer ihn im März 1929 zurück zu seiner Familie nach Münster schickten (lediglich die Verweigerung der Nahrung wird genannt). Am 22. November 1929 erstellte Dr. Többen das erste ärztliche Gutachten über Paul Dübe, nachdem dieser am Vortag in die Heilanstalt von Münster eingewiesen worden war. Sein Verhalten wird als still und sehr passiv beschrieben. Dazu notierte Dr. Többen weiter: „Spricht nicht, erst nach langem Zureden. Lacht unmotiviert, macht Grimassen. […]“

                      Auf Grundlage dieser kurzen Beschreibung kam der Gutachter zu der Diagnose „Schizophrenie“. In der Zeit von Mai bis November 1930 wurde Paul entlassen. In dieser Zeit starb auch sein Vater Wilhelm. Nach der erneuten Einweisung sollte Paul bis zum 12. September 1933 ununterbrochen in der Anstalt verbleiben. Neben der Diagnose „Schizophrenie“ wurden nun die Attribute „negativ“, „Stereotypien“ und „kataton“ in der Akte ergänzt. Am 12. Dezember 1933 wurde Paul erneut entlassen – dieses Mal mit dem Vermerk „ungeheilt“ und „Gegen ärztlichen Rat von der Mutter abgeholt.“ Was Maria Dübe zu diesem Schritt bewogen haben mag, ist unbekannt.

                      Im März 1936 erfolgte die erneute Einweisung in die Heilanstalt Münster-Marienthal. Pauls Bruder berichtete den Ärzten, dass dieser „gegen die Mutter gewalttätig“ gewesen sei. Dies wird wohl der Grund für die erneute Einweisung in die Klinik gewesen sein. Mit der erneuten Aufnahme wurde jedoch auch die Politik der Nazis deutlich. Am 6. Mai 1936 erstattete der Direktor der Heilanstalt die Anzeige auf Unfruchtbarmachung Paul Dübes „zur gegebenen Zeit“ nach „Art. 3 Absch. 4 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 5. Dezember 1933.“ Der Einspruch der Mutter gegen diesen Antrag wurde zurückgewiesen. Am 8. April 1942 erfolgte die Unfruchtbarmachung im evangelischen Krankenhaus in Münster. Die Rechnung über Operations- und Behandlungskosten von 50,70 RM wurde der Stadt auferlegt. Am 29. Juni 1943 wurde Paul in die Landesheilanstalt Eichberg verlegt und von dort aus am 12. Oktober 1943 nach Hadamar.

                      Nach den offiziellen Dokumenten endete das Leben Paul Peter Dübes einen knappen Monat später, am 15. November 1943, aufgrund einer Lungenentzündung, mit 38 Jahren. Seiner Mutter schickte man ein Telegramm, um sie darüber zu informieren. Die Umstände deuten stark darauf hin, dass die Todesursache nicht stimmte und dass Paul damit Opfer der „dezentralen Euthanasie“ wurde. Was bleibt von diesem Leben? Paul Dübe war mehr als ein Opfer der Nazis. Er war ein junger Mann auf der Suche nach seinem Platz in der Welt mit Träumen und Ideen, die er nie verwirklichen konnte, und er hatte eine Familie, die ihn nie aufgegeben hat.

                      Quellen: Stadtarchiv Münster (StvM), Auszug aus dem Ehestandsregister, Nr. 350, Jhg. 1896; Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), K12, Nr. 3840; Archiv der Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos (AI-SDB-GER), Personalakte Paul Dübe.

                      Autor:in: Mathias Zell

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